Die Bodenfrage stellen

Linkspartei bringt eine Deckelung für Grundstückspreise ins Gespräch

  • Alina Leimbach
  • Lesedauer: 4 Min.

Das Thema Miete ist derzeit politisches Topthema. Doch mit den hohen Mieten rückt auch eine weite Frage immer mehr ins Zentrum der politischen Debatte: die Bodenfrage. Denn wenn schon der Grund und Boden, auf dem die Häuser stehen, zu exorbitanten Preisen verschachert wird - wie sollen auf diesen Gebieten bezahlbare Mieten verlangt werden?

»Zu sagen, wir brauchen mehr Bauland, genügt nicht. Wir müssen fragen: Wem gehört der Boden? Was passiert mit ihm, und wer entscheidet darüber?«, erklärte Caren Lay, mietenpolitische Sprecherin der LINKEN im Bundestag, am Montag. Ihre Fraktion hatte mehr als 70 Vertreter*innen von Mieterinitiativen, Sachverständige und Liegenschaftsmitarbeitende zur »Alternativen Bodenkonferenz« in den Bundestag eingeladen.

Bislang bewegen sich die Forderungen zum Thema Wohnen zumeist auf dem miet- und baupolitischen Feld, die »Bodenfrage« wurde von den Parteien eher ausgespart. Dabei ist sie relevant: 80 Prozent der Mietenanstiege der letzten Jahre seien durch den Anstieg des Bodenpreises verschuldet, so Lay.

Eine von Lays zentralen Forderungen: der Bodenpreisdeckel. Analog zu dem derzeit in Berlin diskutierten Mietendeckel soll er den Preis pro Quadratmeter auf einen gewissen Höchstwert festlegen. So soll an die Wurzel des Problems von zu hohen Mieten gegangen werden. Wo der Höchstwert liegen soll, lässt die Politikerin am Montag noch offen.

Der Zuspruch der anwesenden Fachexperten zu diesem Schritt ist groß. Arno Bunzel, Leiter des Deutschen Instituts für Urbanistik, begrüßte die Idee: »Das ist ein richtiges und wichtiges Stichwort.« Wenn in Berlin das 60-Fache der Miete für eine Immobilie gezahlt werde, sei dies »ein Versprechen auf Mieterhöhungen in der Zukunft«.

Der Stadtsoziologe Andrej Holm verweist in der Debatte auf das Wiener »Widmungsmodell.« Das wäre laut Konzept der Linkenpolitikerin Lay auch ein erster Schritt in Richtung eines Bodendeckels. »Das Ganze ist erst mal keine Preisbindung, sondern eine Bestimmung, dass beispielsweise 60 Prozent sozialer Wohnbau auf einer Fläche errichtet werden soll«, erklärt Holm. »Aber in der Kombination mit den Fördervorgaben zum sozialen Wohnbau - dass die Förderung nur an Projekte gegeben wird und dass der Grundstückspreis nicht überschritten wird - gibt es eine Verfestigung bei den Bodenpreisen.«

Eine weitere Kernforderung auf der Konferenz: Die Kommunen sollen wieder eine aktive Bodenpolitik verfolgen und ihren Spielraum beim Ankauf nutzen. Die Stichworte: Vorkaufsrechte und Erbbaupacht. Die Erwartungen an die Kommunen sind hoch. »Betreuungsoffensive, Kitaneubau und auch der Katastrophenschutz. Für all das brauchen wir Flächen«, betonte der Leiter des kommunalen Liegenschaftsamts der Stadt Ulm, Ulrich Soldner. »Gleichzeitig können wir durch eine aktive Bodenankaufspolitik durch die Kommune Spekulation verhindern.«

Die Stadt Ulm gilt in Sachen Bodenpolitik als Vorreiter. Sie verfolgt seit rund 125 Jahren eine Ankaufsstrategie. Der jährliche Flächenaufkaufetat ist politischer Common Sense - er liegt bei jährlich etwa zwölf Millionen Euro für neues Land.

Der Anspruch der Stadt: Bebauungspläne gibt es nur, wenn die Stadt alle zugrunde liegenden Grundstücke besitzt. Das heißt: Wer in Ulm ein Neubaugebiet erschließen will, muss das Bauland zuvor von der Kommune erwerben. Damit hat die Stadt die Planungshoheit über die Liegenschaften. Und: Die Stadt baut ein Wiederkaufsrecht ein. »Dieses Wiederkaufsrecht wird erst dann gelöscht, wenn durch den privaten Grundstückserwerber der verfolgte Zweck verwirklicht ist, also ein Wohnhaus bezugsfertig errichtet und zehn Jahre selbst bewohnt war, oder ein Gewerbeobjekt bezugsfertig errichtet ist«, schreibt die Stadt.

Wenn nicht, dann kann die Stadt das Grundstück zum Verkaufspreis zurückkaufen. Ein effektiver Hebel gegen Spekulation mit brachliegenden Flächen. Das Ergebnis: In Ulm sind Bodenpreise und Mieten erheblich geringer als in anderen Teilen Baden-Württembergs.

Ein Modell, das sich Politikerin Caren Lay vorstellen kann: »Jede Stadt und Kommune soll etwa 30 Prozent ihrer Fläche selbst besitzen.« Dazu soll Land auch wieder zurückgekauft werden. Und zwar laut Lay in der Größenordnung, in der bislang im Jahresdurchschnitt Flächen von der Bundesanstalt für Immobilien privatisiert wurden: 1500 Hektar. Finanziert werden soll das über einen Rekommunalisierungsfonds. Zu ihren weiteren Forderungen gehört auch eine Bodenwert-Zuwachssteuer - ein Konzept, das ursprünglich die SPD vorangetrieben hatte.

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