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- Brandanschlag von Solingen
26 Jahre danach unvergessen und hochaktuell
Einzelne Politiker und Bürger erinnern an den Anschlag in Solingen, bei dem Rassisten fünf Menschen töteten
Menschen aus der Politik und der Zivilgesellschaft erinnern am heutigen Mittwoch an den Brandanschlag von Solingen vor 26 Jahren. Am 29. Mai 1993 hatten Neonazis in der nordrhein-westfälischen Stadt einen Brandsatz in ein Wohnhaus geworfen. Fünf türkeistämmige Frauen und Mädchen starben, 17 weitere Menschen wurden verletzt.
Angesichts des 26. Jahrestages wiesen mehrere Initiativen auf den Zusammenhang zwischen dem heutigen Rassismus und den Taten von damals hin. »Es gibt eine Kontinuität von rassistischer Gewalt in Deutschland, von den Pogromen in den 1990er Jahren bis zu den NSU-Morden. In der Politik gibt es ein Wegducken, Verharmlosen und Relativieren von rassistischer Gewalt, das ist der eigentliche Skandal«, sagte Cihan Sinanoğlu, Sprecher der Türkischen Gemeinde Deutschland. Das Gedenken an Solingen solle an die Opfer erinnern, aber auch wachrütteln.
Die Amadeu Antonio Stiftung, die sich gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus einsetzt, erklärte auf dem Kurznachrichtendienst Twitter: »Ihnen zu gedenken heißt auch, Rassismus heute konsequent zu bekämpfen.« Die Initiative »NSU Komplex auflösen«, die sich für eine vollständige Aufklärung der Morde der rechtsextremen NSU-Gruppe einsetzt, twitterte: »Wir trauern um die Opfer & klagen den gesellschaftlichen Rassismus an, der diese Tat ermöglichte.«
Die Grünen-Fraktion im Bundestag schrieb auf Twitter: »Heute gilt mehr denn je: Alle Demokratinnen und Demokraten müssen sich gegen Hass und Gewalt stellen - gegen jede Form von Rassismus und Antisemitismus!« Karamba Diaby, SPD-Bundestagsabgeordneter, mahnte: »Wir müssen daran erinnern. Wir können den Hass nur besiegen, wenn wir seine Grausamkeit aufzeigen und dagegen vorgehen«.
Auch die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Annette Widmann-Mauz, erinnerte auf Twitter an den Anschlag. Die türkische Regierung forderte anlässlich des 26. Jahrestages eine »einigende Sprache« von deutschen Politikern und Medien. Sie sollten nicht einen »ausgrenzenden und diskriminierenden Ansatz verfolgen«, sondern für die soziale Einheit werben, heißt es in einer am Mittwoch verschickten Mitteilung des Außenministeriums.
Die türkische Regierung begrüße außerdem die Entscheidung des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen, jedes Jahr eine Person oder Gruppe, die sich für Toleranz oder interkulturelle Versöhnung eingesetzt habe, mit der »Mevlüde-Genc-Medaille« auszuzeichnen. Mit dem Preis wurde am Dienstag der Duisburger Jugendhilfeverein »Jungs« ausgezeichnet. Namensgeberin ist Mevlüde Genç, die bei dem Anschlag zwei Töchter, zwei Enkelkinder und eine Nichte verlor.
Der Anschlag in Solingen ereignete sich sechs Monate nach einem Brandanschlag auf die Häuser zweier türkischer Familien in der schleswig-holsteinischen Kleinstadt Mölln. Drei Menschen starben dabei, neun wurden schwer verletzt. Nur neun Monate vor der Tat in Solingen war es zu Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen gekommen, als Rechtsextreme und andere Bürger Migranten in einem Wohnhaus über mehrere Tage hinweg bedroht hatten.
Diese Zeit war in Deutschland geprägt von Debatten in der Politik und in den Medien um Einwanderung und das Asylrecht. Solingen war einer der Höhepunkte des zunehmend offenen Rassismus im Land. Mit dpa
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