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Video-Plattform ist Leitmedium von Jugendlichen
Studie: Viele Schüler nutzen Youtube zum Lernen / Karliczek rät zu kritischer Nutzung von Lernvideos
Youtube ist aus dem Alltag der allermeisten Kinder und Jugendlichen nicht mehr wegzudenken. Sie schauen sich auf der Video-Plattform Musikvideos an, folgen Influencern und holen sich Mode-Tipps. Dass Youtube aber auch im Bildungsbereich eine entscheidende Rolle spielt, gehört zu den überraschenden Ergebnissen einer neuen Studie des Rates für Kulturelle Bildung, die am Dienstag veröffentlicht wurde.
Die Umfrage unter dem Titel »Jugend, Youtube, Kulturelle Bildung. Horizont 2019« ermögliche erstmals empirische Einsichten zur Video-Plattform-Nutzung junger Menschen, erklärt der Rat für Kulturelle Bildung. Der Rat mit Sitz in Essen ist ein unabhängiges Beratungsgremium für die Qualität kultureller Bildung in Deutschland auf Initiative mehrerer Stiftungen, darunter die Bertelsmann Stiftung, die Robert Bosch Stiftung und die Stiftung Mercator.
Die Studie ergab, dass 86 Prozent der 800 befragten Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen zwölf und 19 Jahren regelmäßig Youtube-Videos anschauen. Damit sei der Videokanal nach dem Nachrichtendienst WhatsApp (92 Prozent) das am meisten genutzte Medium, noch vor Instagram und Facebook, hieß es.
Die veränderte Mediennutzung habe tiefgreifende Folgen für den Bildungssektor. »Youtube ist inzwischen ein weiteres wichtiges Lern- und Bildungsmedium, das die Bildungslandschaft im Ganzen berührt und verändert«, sagte der Vorsitzende des Rates für Kulturelle Bildung, Eckart Liebau. Für rund die Hälfte der jugendlichen Youtube-Nutzer ist die Video-Plattform wichtiger Bestandteil des Lernens für die Schule. Von ihnen suchen rund 70 Prozent bei Youtube nach Erklär-Videos mit Unterrichtsinhalten, die sie nicht verstanden haben, oder nach Hilfen für die Hausaufgaben. Youtube fungiere als »medialer Hilfs- und Nachhilfelehrer«, stellt Liebau fest.
Junge Leute nutzen den Kanal der Umfrage zufolge aber auch für künstlerische Fächer. Rund 40 Prozent suchen nach Tutorials für Musik, Kunst, Theater sowie für Schulchor oder Schulband.
Trotz der starken Nutzung für die Schule seien sich die Jugendlichen aber der Grenzen des Mediums bewusst, erklärt Ratsmitglied Benjamin Jörissen, Professor für Pädagogik an der Universität Erlangen-Nürnberg. Auffällig sei, dass 60 Prozent forderten, in der Schule kritischer über Youtube nachzudenken. Die Hälfte der Youtube-Nutzer wünscht sich sogar die Unterstützung der Schule bei der Erstellung eigener Videos. »Dieser Befund appelliert an die der Schule eigenen Potenziale der gemeinsamen Reflexion,« sagt Jörissen. Diese kritische Hinterfragung sei umso wichtiger als zwei Drittel der Jugendlichen angeben, dass sie bei der Auswahl der Inhalte auf Youtube den Hinweisen von Influencern folgen, heißt es in der Studie. Die kulturelle Medienbildung müsse systematisch ausgebaut werden.
Die Schulen und auch die Lehrerausbildung müssten sich auf diese neue Situation einstellen, fordert auch Ratsmitglied Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung in Bonn. »Es ist heute nicht mehr angezeigt, einen pädagogischen Beruf zu erlernen, ohne sich auch nur einmal mit dem Thema der Medienvermittlung oder mit Medienkompetenzfragen zu beschäftigen.«
Für diese Inhalte müsste es künftig in der Lehrerausbildung verpflichtende Leistungsnachweise geben, fordert Krüger. Bislang sei es der Eigeninitiative der Lehrer überlassen, ob sie sich mit diesem Thema befassen. Positiv sei, dass viele das tatsächlich täten. Etliche Tutorials zu schulrelevanten Themen würden von Lehrerinnen und Lehrern produziert.
Künftig müssten Bildungs- und Kulturinstitutionen audiovisuelle Wissensvermittlung jedoch stärker in die eigene Regie nehmen, wenn sie den Anschluss nicht verlieren wollten, empfiehlt die Studie. Denn Youtube habe sich zwar mittlerweile zu einem Lernmedium entwickelt, das die gesamte Bildungslandschaft verändere, sei aber eben kein primär pädagogisches Medium.
Youtube lenke den Videokonsum über Algorithmen, die nicht auf pädagogische oder lernbezogene Werte, sondern auf maximale Seh- und Verweildauer abzielten, warnt die Studie. Hier müssten die Bildungsinstitutionen das Heft des Handelns in die Hand nehmen und neue Lern- und Lehrmethoden für die Zukunft erarbeiten. Dazu müssten besonders die ästhetischen Schulfächer gestärkt werden. Denn Fächer wie Deutsch, Literatur, Kunst oder Musik könnten die Wahrnehmung von Texten, Bildern und Tönen schulen und auch aufzeigen, wie sie manipuliert werden können.
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) rät Lehrern, Eltern und Schülern unterdessen zu einer gesunden Skepsis bei der Nutzung von Youtube-Videos. Die Schulverantwortlichen müssten den Schülern beibringen, wie sie nutzbringend, aber auch kritisch mit Informationen daraus umgingen. Darauf reagiere man auch mit dem Digitalpakt Schule: »Ein wesentlicher Bestandteil ist, dass die Länder sich verpflichten, das Lehrpersonal auch in dieser Hinsicht richtig zu schulen«. Agenturen/nd
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