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Lügen haben kurze Beine - auch bei der Polizei
Die Polizei will Aktivist*innen durch Videobotschaften davon abhalten, an den Protesten von »Ende Gelände« im Rheinland teilzunehmen
Nicht nur die Aktivist*innen von »Ende Gelände« bereiten sich auf die diesjährigen Proteste gegen den Abbau von Braunkohle im Rheinland vor. Auch die Polizei wird aktiv, besonders die Polizeistelle Aachen, die geografisch am Nächsten an den Tagebauen liegt, die bestreikt werden sollen.
Andreas Müller von der Pressestelle der Polizei Aachen erläutert die Maßnahmen: »In insgesamt sieben Videos informieren wir über die Gefahren, die entstehen, wenn man sich entschließt, den Tagebau zu betreten«, sagt Müller gegenüber »neues deutschland«. Die Videos sind auf dem Facebook-Kanal der Polizei Aachen zu finden. Bereits im März hat die Polizei Aachen ein Schreiben für Schulen verfasst, in dem Schüler*innen vor der Teilnahme an strafbaren Handlungen bei Protesten gewarnt wird. Wie die »taz« berichtete, warnte der Einsatzleiter Thomas Demmers: »Lassen Sie sich nicht für illegale Aktionen instrumentalisieren!«
Schüler*innen mit falschen Infos gewarnt
Allerdings setzte die Polizei in dem Schreiben auf Fehlinformationen. Denn darin wurde erläutert, dass »Straftäter« wegen einer Blockadeaktion »vom Gericht zu einer Zahlung in Höhe von 2,1 Millionen Euro Schadenersatz verurteilt worden«. Die Blockade fand erstens nicht im Rahmen von »Ende Gelände« statt, und zweitens gibt es noch kein Urteil. Mit einer Pressemitteilung korrigierte die zuständige Polizeistelle diese Informationen am Mittwochnachmittag, sie wurde auch über den Twitter-Kanal verbreitet.
Bei den Aktivist*innen stieß das Schreiben auf harsche Kritik. »Die Polizei Aachen versucht nun, mit falschen Unterstellungen eine ganze Bewegung zu diskreditieren. Damit wird sie keinen Erfolg haben«, sagt Kathrin Henneberger, Pressesprecherin von »Ende Gelände«. Müller ist es jedoch wichtig zu betonen, dass die Polizei nicht vor der Teilnahme an Protesten allgemein warnt. »Wir warnen lediglich davor, sich an strafbaren Handlungen zu beteiligen«, so der Pressesprecher.
Polizei setzt auf Video-Botschaften
In dem ersten Polizeivideo geht es um »Betriebsböschungen«, also die Höhe der Abbruchkante des Tagebaus. »Von den Betriebseinrichtungen des Tagebaus gehen ernsthafte Gefahren aus, die man als Betriebsfremder und Nichtordskundiger nicht einschätzen kann«, heißt es. Gemeint sind allerdings nicht die klimaschädlichen Folgen des Kohleabbaus, sondern das steinige Gelände. Über den Kohleabbau als solches wird nichts gesagt. »Wir sind dazu verpflichtet, politisch neutral zu bleiben und es wird von uns kein politisches Statement zum Kohleabbau geben«, erklärt Müller.
Die Schüler*innen von »Fridays for Future«, die für eine Umsetzung der Pariser Klimaziele demonstrieren, haben zu einer Demonstration in Aachen am 21. Juni aufgerufen. Sie mobilisieren jedoch nicht direkt zur Teilnahme an Aktionen von »Ende Gelände«.
Eines ist jedenfalls klar: Nach den Videobotschaften der Polizei kann keine(r) sagen, er oder sie habe nicht gewusst, worauf man sich bei den Protestaktionen von »Ende Gelände« einlasse. Doch Henneberger betont: »Wir machen Trainings im Vorfeld der Aktionen und prüfen sehr genau, wo wir den Tagebau betreten, damit keine Menschenleben gefährdet werden.« Die Polizei wisse genau, dass sich die Umweltaktivist*innen gut vorbereiteten. »Die Polizei fährt eine gezielte Kampagne, um uns zu diffamieren. Sie soll das jetzt bitte unterlassen«, so Henneberger weiter. In den vergangenen Jahren sei die Gewalt zudem immer von der Polizei ausgegangen, nicht von den Aktivist*innen.
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