Ströbele wird altersmilde

Grünen-Politiker feiert seinen 80. Geburtstag

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.

Für Hans-Christian Ströbele hat die APO nie aufgehört zu existieren. Kürzlich erinnerte er sich auf Twitter an die Ermordung des Berliner Studenten Benno Ohnesorg vor rund 52 Jahren. »In den späten Abendstunden am 2. Juni 1967 erfuhren wir, dass er nach der Demo gegen den Schah von einem Polizisten erschossen wurde. Danach machte ich bei der APO mit. Seither bin ich dabei«, schrieb Ströbele. Aus der APO entstanden die Grünen. Der RAF-Anwalt und Mitgründer der »taz« blieb seiner Partei treu, obwohl sich Ende der 80er Jahre die Richtungskämpfe verschärften. Wichtige Linke wie Jutta Ditfurth, Rainer Trampert, Thomas Ebermann und der spätere nd-Chefredakteur Jürgen Reents verließen hingegen die Grünen.

In den Zeiten der rot-grünen Bundesregierung wollte die Partei den unbequemen Politiker kaltstellen. Vor der Bundestagswahl 2002 erhielt Ströbele keinen Platz mehr auf der Liste seines Berliner Landesverbands. Daraufhin profilierte sich der gebürtige Hallenser in dem linksalternativen Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg als Kritiker der bei den Grünen dominierenden Realos. »Ströbele wählen heißt Fischer quälen«, war auf den Wahlplakaten zu lesen. Vielen Wählern gefiel das. Ströbele gewann das erste Direktmandat der Grünen überhaupt. In seiner Fraktion gehörte Ströbele zu den wenigen Abgeordneten, sie sich zumindest zeitweise gegen Kriegspolitik und Sozialabbau wehrten. Aber er betrieb keine reine Fundamentalopposition. So unterstützte Ströbele 2001 die Beteiligung der Bundeswehr an der UN-Mission in Afghanistan, weil es sich um »einen Friedenseinsatz handelt und die Vereinten Nationen damit gestärkt werden«.

Nach Ströbeles Abschied aus dem Parlament vor zwei Jahren hat die Anwältin Canan Bayram den Wahlkreis in Berlin übernommen und gewonnen. Sie ist mit ihrem Vorgänger befreundet. Beide stehen sich in vielen Fragen nahe und ebenso wie Ströbele, der stets mit seinem Fahrrad unterwegs war, ist Bayram auf linken Demonstrationen in Berlin als Beobachterin anzutreffen. Doch so spektakuläre Aktionen wie das Treffen mit dem US-Whistleblower Edward Snowden 2013 in Moskau sind von keinem aktuellen Politiker der Grünen zu erwarten. Auch der Sound in der Partei hat sich geändert. Weil die USA kürzlich Kriegsschiffe in den Nahen Osten entsandten, um Iran zu bedrohen, fühlte sich Ströbele an die Bombardierung Vietnams durch die USA vor 55 Jahren und die damaligen Kriegslügen erinnert. Dagegen beließ es der Grünen-Bundestagsabgeordnete Omid Nouripour dabei, staatstragend eine Reise von Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) nach Teheran zu fordern, um zu versuchen, Iran im Atomabkommen zu halten.

Mit seiner Partei geht Ströbele inzwischen pfleglicher um. Wegen des Höhenflugs der Grünen sprach er sich nun gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland dafür aus, dass die Ökopartei einen Kanzlerkandidaten aufstellen sollte, wenn es weiter gut läuft. Hans-Christian Ströbele ist altersmilde geworden. An diesem Freitag wird er 80 Jahre alt.

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