Vom Sturz einer Reiterin

Andrea Nahles hat sich intern viele Feinde gemacht - auch wegen der Gründung des Pferde-Kreises.

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Gründung eines Parlamentskreises war der Anfang vom Ende der politischen Karriere von Andrea Nahles. Kurz nachdem ihre SPD bei der Landtagswahl in Bayern im Oktober auf 9,7 Prozent abgestürzt war, wurde bekannt, dass die Partei- und Fraktionsvorsitzende mit einigen Mistreitern im Bundestag den »Parlamentskreis Pferd« gründen wollte. Dieser habe das Ziel, »fraktionsübergreifend im Kreise pferdeinteressierter Kolleginnen und Kollegen über aktuelle Themen zum Pferd und aus der Pferdewelt zu informieren und dieses mit Gästen aus der Praxis und der Wissenschaft zu diskutieren«.

Viele Sozialdemokraten fragten sich, woher ihre Vorsitzende die Zeit nahm, um sich mit solchen Themen zu beschäftigen, während die SPD in einer schweren Krise steckte und einen Prozess der Erneuerung anstoßen wollte. Manchen blieb nur noch der Sarkasmus. In einer Sitzung soll ein Abgeordneter bemerkt haben, dass es in Bayern inzwischen mehr Pferde als SPD-Wähler gebe.

Zudem zementierte sich das Bild der infantilen und zuweilen etwas ungeschickten Politikerin, das viele von Andrea Nahles haben. Im Bundestag sang sie einst ein Lied von Pippi Langstrumpf, während einer wichtigen Parteitagsrede rief sie auf einmal »Hallo Mama«, und nun wollte Nahles auch noch ihre Begeisterung für Pferde in das Parlament einbringen. Trotz aller Kritik wurde der Parlamentskreis im November gegründet.

Sechs Monate später trat Nahles mit sofortiger Wirkung von ihren Ämtern zurück. Nachdem die SPD bei der Europawahl nur noch 15,8 Prozent der Stimmen eingefahren hatte, traute kaum noch jemand der Vorsitzenden zu, die Partei wieder aufrichten zu können. Nahles hatte gegen interne Widerstände den erneuten Eintritt der SPD in eine Große Koalition durchgesetzt. Für die Partei war das keine gute Wahl. Nach gut 14 Monaten war für Nahles an der Parteispitze das Ende gekommen.

Der 48-Jährigen wurde es auch zum Verhängnis, dass sie auf keine Netzwerke in der SPD mehr zurückgreifen konnte. Sie hatte als linke Juso-Vorsitzende ihre Karriere gestartet und sich im Laufe der Zeit von ihren einstigen Positionen entfernt. 2014 trat Nahles mit weiteren Genossen aus dem SPD-Verein Demokratische Linke 21 aus, weil DL-21-Chefin Hilde Mattheis den Mindestlohnkompromiss mit der Union kritisiert hatte.

Vier Jahre später sorgte Nahles bei der Parlamentarischen Linken in der SPD-Fraktion für Irritationen. Sie ließ dort ihre Mitgliedschaft ruhen, weil sie als Fraktionschefin alle Abgeordneten und Strömungen vertreten wollte. In Wirklichkeit wollte die Politikerin aus der Eifel wohl ihr Image als linke Frontfrau loswerden. Später brachte sie auch konservative Kreise der Sozialdemokratie gegen sich auf. So fühlte sich der langjährige Minister und Parteichef Sigmar Gabriel von ihr ausgebootet. Er stichelte fortan öffentlich gegen Nahles. Ihr Ruf, eine fleißige Arbeitsministerin gewesen zu sein, half Nahles am Ende nicht mehr. Sie will sich nun komplett aus der Politik zurückziehen.

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