Rentenstreit spaltet die AfD

Geplanter Sozialparteitag findet wohl erst 2020 statt

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 2 Min.

Sozialpolitik gilt als Achillesferse der AfD: Bei den Vorstellungen, wie sich die Rechten in der Rentenpolitik positionieren sollen, herrscht auch sechs Jahre nach Parteigründung Uneinigkeit. Daran wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit sobald nichts ändern. Ein bisher für Mitte September geplanter Sozialparteitag droht abgesagt und ins nächste Jahr verlegt zu werden. Ein entsprechender Antrag des hessischen Landesverbandes soll am Wochenende vom Parteikonvent, dem höchsten Entscheidungsgremium zwischen Parteitagen, behandelt werden, wie am Mittwoch ein Parteisprecher bestätigte.

Den Konvent, bestehend aus fünf Mitgliedern des Bundesvorstandes sowie 50 gewählten Mitgliedern aus den Landesverbänden, bringt der Antrag in eine Zwickmühle. Während besonders die Ost-Landesverbände den national-sozialen Kurs des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke unterstützen, finden sich die Befürworter des marktradikalen Ansatzes von Co-Parteichef Jörg Meuthen eher im Westen. Bereits im Oktober 2016 hatte der Vorsitzende verkündet, die AfD arbeite »an einem umfassenden Rentenreformprogramm«. Wirklich Schwung in die Debatte kam aber erst, nachdem Höcke auf dem Bundesparteitag in Augsburg vor einem Jahr den Sozialparteitag gefordert und mit großer Mehrheit durchsetzt hatte.

Will der Konvent am Wochenende Streit vermeiden, bleibt ihm eine Hintertür: Das Gremium könnte sich darauf verständigen, die Entscheidung an den nächsten Bundesparteitag weiterzureichen. Da dieser für November geplant ist, könnte der Sozialparteitag schon aus terminlichen Gründen erst 2020 stattfinden. Letztlich ist es auch eine finanzielle Frage: Weil sich die AfD nach ihrem Treffen in Magdeburg dann im Frühjahr auch noch in Riesa einen zweiten Parteitag zur Aufstellung ihrer Europawahlliste leistete, wäre ein Sonderparteitag zur Sozialpolitik die dritte bundesweite, kostspielige Zusammenkunft mit Hunderten Teilnehmern in kurzer Zeit.

Taktisch wäre es für Höckes völkische Nationalisten klug, nicht auf einen Sozialparteitag noch in diesem Jahr zu pochen. Auf dem Bundesparteitag im November wird der Vorstand neu gewählt. Schneiden die drei Ostverbände bei den zuvor stattfindenden Landtagswahlen stark ab, würde dies dem völkischen Flügel weiteren Rückenwind geben und ihm letztlich helfen, seine inhaltlichen Forderungen auch in der Gesamtpartei durchzusetzen.

Bisher ist es der Partei gelungen, die Widersprüche zwischen marktradikaler und völkischer Sozialpolitik zu kaschieren. Bereits in ihren Strategiepapier zur letzten Bundestagswahl hatte sich die Parteispitze verständigt, parteiintern strittige Themen in Wahlkämpfen auszuklammern. Höcke und seine Unterstützer hatten sich an diese Vorgabe jedoch nie gehalten und die AfD als neue Vertretung der Arbeiterschaft inszeniert, zuletzt rund um den 1. Mai. Weil die Wahlergebnisse bisher diesen Kurs bestätigten, gab es auch nie ernsthafte Kritik daran.

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