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Görlitz kommt mit einem blauen Auge davon

CDU-Kandidat Ursu setzt sich nur dank der Unterstützung durch LINKE, SPD und Grüne durch / Empörung über Tweet von CDU-Chefin

  • Lesedauer: 4 Min.

Leipzig. Der CDU-Politiker Octavian Ursu hat sich bei der Oberbürgermeisterwahl in Görlitz gegen den AfD-Kandidaten Sebastian Wippel durchgesetzt. Ursu erreichte am Sonntag im zweiten Wahlgang 55,1 Prozent der Stimmen und lag damit vor Wippel, der auf 44,9 Prozent kam. Somit zerschlugen sich die Hoffnungen der AfD, erstmals in Deutschland einen Oberbürgermeister zu stellen.

Die Wahl war deutschlandweit und teils auch im Ausland mit großem Interesse verfolgt worden. AfD-Kandidat Wippel hatte im ersten Wahlgang vor drei Wochen die meisten Stimmen unter allen vier Bewerbern geholt. Da kein Kandidat Ende Mai mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen erhielt, wurde ein weiterer Wahlgang notwendig.

Diesmal reichte dem Sieger die einfache Mehrheit. Die Bewerberinnen von Grünen und Linkspartei hatten zuvor auf den zweiten Wahlgang verzichtet und indirekt für eine Unterstützung des CDU-Kandidaten geworben. Der 51-jährige Ursu, der wie Wippel als Abgeordneter im sächsischen Landtag sitzt, hatte vor der Abstimmung für eine »weltoffene Europastadt Görlitz« geworben. Der gebürtige Rumäne kam 1990 als Musiker nach Görlitz, gründete dort eine Familie und blieb.

Die sächsische CDU gratulierte Ursu zu seinem »Wahnsinnswahlkampf«. Die Menschen in Görlitz hätten einen Oberbürgermeister gewählt, der für eine »Politik mit Vernunft und gesellschaftlichen Zusammenhalt steht«, erklärte der sächsische CDU-Generalsekretär Alexander Dierks.

Wippel sprach angesichts seines Stimmenanteils von knapp 45 Prozent von einem respektablen Ergebnis, »wenn man bedenkt, dass alle anderen Parteien alle ihre Kräfte gegen uns mobilisiert haben«.

Der Landesvorstandssprecher der sächsischen Grünen, Norman Volger, sprach indes von einem »Sieg der demokratischen Kräfte«. Das Ergebnis zeige, dass die Mehrheit der Menschen in Görlitz »nicht von einem Antidemokraten regiert werden will«. Die Oberbürgermeisterwahl bleibe aber »ein Weckruf« für die Landtagswahl am 1. September in Sachsen.

Kramp-Karrenbauer irritiert mit Tweet zum Wahlausgang

CDU-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer sorgte indes mit einer Twitter-Botschaft zum Sieg des CDU-Kandidaten bei der Oberbürgermeisterwahl in Görlitz Verärgerung hervorgerufen. Der Sieg des Christdemokraten Octavian Ursu gegen einen AfD-Kandidaten zeige, dass die CDU »die bürgerliche Kraft gegen die AfD« sei, schrieb Kramp-Karrenbauer am Sonntagabend. Kritiker warfen ihr daraufhin vor, die wichtige Rolle der überparteilichen Unterstützer zu unterschlagen, die sich für Ursus Wahl eingesetzt hatten.

Offenbar in Reaktion auf die Kritik veröffentlichte Kramp-Karrenbauer dann am späten Abend einen zweiten Tweet. »Natürlich ist der Sieg von Octavian Ursu der Sieg eines breiten Bündnisses, für das ich dankbar bin«, schrieb sie.

Sachsens SPD-Chef Martin Dulig kritisierte Kramp-Karrenbauer. Auf Twitter schrieb er: »Es als CDU-Erfolg darzustellen, zeigt, dass Sie nicht verstanden haben, was hier in Sachsen passiert«, schrieb er. »Das war ein gemeinsamer Erfolg vieler.«

Der LINKEN-Bundestagsabgeordnete Niemsa Movassat schrieb: »Der Anstand würde gebieten, auch den politischen Konkurrenten zu danken, die zur Wahl des CDU Kandidaten aufgerufen haben, um den AfDler zu verhindern.«

Ursu erklärte nach seiner Wahl, dass er trotz des starken Abschneidens seines AfD-Konkurrenten keine Mehrheiten mit der Rechtsaußenpartei bilden wolle. Grund dafür sei, dass er »mit verschiedenen Aussagen aus AfD-Richtung nicht einverstanden« sei, sagte Ursu dem Nachrichtenradio MDR Aktuell am Montag in Halle. Zugleich kündigte der gebürtige Rumäne an, mit unzufriedenen Bürgern reden zu wollen, da er der Oberbürgermeister aller Görlitzerinnen und Görlitzer sein wolle.

Die Oberbürgermeisterwahl in Görlitz wurde als Stimmungstest für die Landtagswahl im Freistaat gewertet. Jüngsten Umfragen zufolge könnte die AfD bei der Wahl stärkste Kraft in Sachsen werden. Die derzeitige Landesregierung von CDU und SPD hat momentan laut Umfragen keine Mehrheit mehr. Schon bei der Bundestagswahl und auch bei der Europawahl lag die AfD sachsenweit vorn.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hatte vor der Abstimmung in Görlitz vor einem AfD-Sieg gewarnt. »Viele Menschen unterschätzen die Radikalität der AfD«, sagte er in einem Zeitungsinterview. Kretschmer selbst hatte in seiner Heimatstadt Görlitz bei der Bundestagswahl 2017 sein Direktmandat an einen AfD-Politiker verloren. Für die Zeit nach der Landtagswahl schloss er wiederholt eine Koalition mit der AfD in Sachsen aus. AFP/nd

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