Einschüchterungs-Ausschuss

Die AfD in Sachsen-Anhalt will Linksextremismus untersuchen lassen

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.

In Sachsen-Anhalt zeichnet sich eine Auseinandersetzung vor Gericht um die Einsetzung eines von der AfD beantragten Untersuchungsausschusses ab, der sich mit Linksextremismus befassen soll. Die regierende SPD und die oppositionelle LINKE halten das Gremium für »rechtsmissbräuchlich« und verfassungswidrig und stellen in Aussicht, vor das Verfassungsgericht ziehen zu wollen. Zuvor wollen sie in der heutigen Landtagssitzung gegen den Ausschuss stimmen, ebenso wie die Grünen. Falls sich die CDU mehrheitlich enthält, käme das Gremium zunächst nicht zustande. Für den Fall wird mit einer Verfassungsklage der AfD gerechnet. Einen ersten Anlauf hatte diese in der Landtagssitzung im Mai unternommen. Damals wurde der Antrag wegen juristischer Bedenken zunächst in den Rechtsausschuss überwiesen.

Die Einsetzung parlamentarischer Untersuchungsausschüsse ist eigentlich ein Minderheitenrecht. Gemeinsam mit ihrem Ex-Fraktionschef André Poggenburg, der aus der Fraktion gedrängt wurde, verfügt die AfD über das erforderliche Viertel der Abgeordneten. Andere Fraktionen enthalten sich bei der Einsetzung üblicherweise. Im aktuellen Fall wollen sich aber SPD und LINKE nicht daran halten. Wer ein parlamentarisches Instrument für »Hetze und Diffamierung gegen SPD-Mitglieder, Gewerkschafter und Jusos« nutzen wolle, »stößt auf unseren entschiedenen Widerstand«, sagte die SPD-Fraktionschefin Katja Pähle. Der Landesvorstand stellte sich hinter diese Entscheidung der Fraktion. Der LINKE-Fraktionschef Thomas Lippmann erklärte, man halte es für unzulässig, mit einem solchen Ausschuss Abgeordnete, Parteien, Gewerkschaften, die Zivilgesellschaft, Fußballfans oder Bewegungen wie »Fridays for Future« kontrollieren zu wollen. Die AfD wolle die »gezielte Diskriminierung und Einschüchterung von Anderdenkenden.«

Die AfD nennt in ihrem Antrag 23 Punkte zum Themenkomplex Linksextremismus, die für die Zeit seit 1990 geprüft werden sollen. Neben Strukturen, dem Personenpotenzial oder Immobilien geht es auch um Verbindungen zu Parteien, Gewerkschaften und sogar in die Fußball-Fanszene. Untersucht werden soll zudem etwa die »direkte und indirekte Finanzierung« linksextremer Strukturen durch die öffentliche Hand, aber auch eine sogenannte »Antifa-Stasi«, mit der der Staat nach Ansicht der AfD Recherchen zum Rechtsextremismus unter Umgehung rechtlicher Schranken an linke Strukturen »delegiere«.

Der Ausschuss wäre das zweite Gremium im Magdeburger Landtag, das sich mit dem Linksextremismus befassen würde. 2017 hatte die AfD bereits eine Enquetekommission zum Thema eingesetzt - damals mit Beihilfe vieler CDU-Abgeordneter, die für den Antrag stimmten. Das von Ex-AfD-Mann Poggenburg geleitete Gremium hat seit Mai 2018 einige Sitzungen abgehalten. Allerdings wirft die AfD den anderen Parteien vor, es »systematisch ins Leere laufen« zu lassen, wie der Abgeordnete Daniel Roi jetzt sagte - etwa, indem die Ladung von Experten verhindert werde. Angesichts der »Blockade« will die AfD nun den Untersuchungsausschuss, in dem andere Regeln gelten. Unter anderem sind die Anhörungen von Zeugen, anders als in der Enquetekommission, öffentlich.

Der Ausschuss wäre, wie die AfD betont, ein »Novum in der deutschen Parlamentsgeschichte«. Nach eigener Darstellung will die Partei damit aufdecken, wie ihre politischen Gegner im »Schulterschluss mit Linkextremisten« gegen die in Sachsen-Anhalt »größte Oppositionsfraktion« - die AfD - vorgehen. Verwiesen wird auf den Verein Miteinander, der mit »Millionen von Euro aus Steuergeldern ... auf die Opposition losgelassen« werde. Kritiker sehen im Agieren der AfD jedoch eine perfide Masche, um zivilgesellschaftliches Handeln gegen Rechts zu diskreditieren und zu lähmen. Henriette Quade (LINKE) spricht von »stetigen Versuchen, anerkannte Akteure im Kampf gegen rechte Gewalt persönlich zu diskreditieren und zu denunzieren«. Die AfD, sagte Grünen-Fraktionschefin Conny Lüddemann, missbrauche damit »ein wichtiges parlamentarisches Kontrollrecht als politisches Kampfinstrument«.

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