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Kletterhilfe für Löhne in der Pflege
Bundeskabinett billigt Gesetzentwurf, der einen Tarifvertrag in der Altenpflege erleichtern könnte
Der Gesetzgeber will den Weg frei machen für die bessere Bezahlung von Altenpflegekräften. Das Kabinett billigte einen Entwurf zum »Pflegelöhneverbesserungsgesetz« von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Mittwoch. Noch Ende dieses Jahres könnte das Gesetz nach Angaben des Arbeitsministeriums in Kraft treten.
Zentral ist dabei, dass das Gesetz den Weg für einen branchenweit gültigen Tarifvertrag ebnen würde. Zudem soll die Pflegemindestlohnkommission gestärkt werden. Sie soll eine dauerhafte Einrichtung werden. Das Ziel sind Mindestlöhne für Fachkräfte und eine Angleichung der Bezahlung im Osten und Westen.
»Mit diesem Gesetz schaffen wir die Grundlage für bessere Entlohnung und Arbeitsbedingungen in der Pflegebranche und stärken die Handlungsfähigkeit der Pflegekommission«, sagte Heil am Mittwoch. Der Bundesarbeitsminister will dadurch die Attraktivität des Berufs stärken.
Die neue Regelung soll es erleichtern, einen Tarifvertrag für allgemeinverbindlich zu erklären. Er würde dann für alle Beschäftigten gelten, egal ob diese bei einem gewinnorientierten oder gemeinnützigen Träger arbeiten. Diese Allgemeinverbindlichkeitserklärung ist laut Gesetz möglich, »wenn dies im öffentlichen Interesse geboten erscheint«, um »faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen« zu wahren.
Um die Allgemeinverbindlichkeitserklärung zu erleichtern, soll dass betreffende Arbeitnehmerentsendegesetz insofern präzisiert werden, dass das kirchliche Selbstbestimmungsrecht im Verfahren gewahrt bleibt. Die kirchlichen Arbeitgeber vertreten in der Altenpflege rund ein Drittel aller Beschäftigten. Ihnen kommt deswegen besonderes Gewicht zu.
Der AWO-Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler begrüßt das Vorhaben: »Endlich wird ein Instrument geschaffen, mit dem ein Unterbietungswettbewerb auf dem Rücken der Beschäftigten beendet wird. Wettbewerb sollte über Qualität gehen und nicht alleine nach Kosten.« Der Arbeitgebervertreter Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), meldete hingegen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit an: Er glaubt, dass ein allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag in der Pflege »die grundgesetzlich geschützte Tarifautonomie« verletze. Der Präsident des bpa, Rainer Brüderle, kritisierte am Mittwoch: »Die Pflegenden, die in ganz überwiegender Mehrheit durch eine Abstimmung mit den Füßen und ihre Nichtmitgliedschaft in den Gewerkschaften längst deutlich gemacht haben, dass sie keine Tarifrituale und staatliche Lohndiktate wollen«, hätten von dem Gesetz nichts.
Kordula Schulz- Asche, pflegepolitische Sprecherin der Grünen, sagte: »Eine tarifliche Bezahlung insbesondere in der Altenpflege ist längst überfällig und kann doch nur ein bescheidener Anfang sein.« Sie wies allerdings auf die dadurch steigenden Kosten hin, die durch eine Pflegebürgerversicherung abgefedert werden sollten.
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