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Landwirtschaft braucht neue Wege

Deutscher Bauernverband debattiert bei Jahrestagung Klimaschutz und Artenvielfalt

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 4 Min.

Der Hitzesommer 2018 war ein Fanal - auch für die Landwirte in Deutschland. Im Osten des Landes ließ die Trockenheit Getreide und Gras auf den Feldern verdorren. Im Westen dagegen gab es zu viel Regen. Die Schäden bezifferte der Deutsche Bauernverband (DBV) auf drei Milliarden Euro. Auch für dieses Jahr prognostiziert das Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung außergewöhnliche Dürren in Nord- und Ostdeutschland.

Diese Entwicklung, von Forschern längst vorausgesagt, hat einen Namen: Klimawandel. Eine seiner - inzwischen unbestrittenen - Ursachen ist die industrialisierte Landwirtschaft. Sie hat nicht nur Auswirkungen auf die Erderwärmung, auch für das Artensterben ist sie mit verantwortlich. Wie sie verändert werden soll, darüber diskutieren Mittwoch und Donnerstag rund 500 Delegierte des Deutschen Bauernverbandes (DBV) in Leipzig. »Wir sind bereit zur Veränderung«, sagte DBV-Präsident Joachim Rukwied im Vorfeld und forderte »verlässliche und langfristig angelegte Rahmenbedingungen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe zu erhalten«.

Umweltschützer kritisieren dagegen, der DBV falle eher durch Blockadehaltung statt Mut zum Wandel auf. Bei den Verhandlungen zum zukünftigen EU-Agrarhaushalt etwa läge die Chance zu Veränderung »auf dem Silbertablett«, erklärte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller am Dienstag. »Viele Branchen müssen sich in Zeiten von Klimakrise und Artensterben neu aufstellen. Aber wohl kaum eine hat dafür so viel Steuergeld zur Verfügung wie die Landwirtschaft. Leider nur theoretisch - denn statt in Lösungen für den Wandel zu investieren, verhindert der Deutsche Bauernverband eine Umverteilung der derzeit knapp 60 Milliarden Euro EU-Subventionen«, kritisierte Miller. Durch sein Festhalten am Status quo verspiele der DBV die Zukunft vieler seiner Mitglieder, da der Verband weiter auf Produktionssteigerungen setze und Umweltprobleme vor allem mit technischen Hilfsmitteln begegnen wolle.

Der DBV widerspricht und fordert mehr gesellschaftliche Anerkennung. »Wir haben mit der Bewahrung der Schöpfung dasselbe Ziel wie die Grünen und arbeiten gemeinsam daran, noch nachhaltiger zu werden. Wir Landwirte tun dies bereits seit Generationen. Und dennoch hagelt es Kritik«, sagte Rukwied gegenüber der »Passauer Neuen Presse«. Ständig würden Landwirte zu Sündenböcken gemacht, klagte der DBV-Präsident.

Ein weiteres Thema, das die Delegierten in Leipzig beschäftigen wird, ist der Gewässerschutz. Den kürzlich vorgestellten Vorschlag der Bundesregierung zur Düngeverordnung sieht der DBV für die landwirtschaftlichen Betriebe problematisch. Der Vorschlag aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium und dem Bundesumweltministerium will Strafzahlungen aus Brüssel vermeiden, nachdem die Bundesrepublik jahrelang die EU-Nitratrichtlinie unzureichend umgesetzt und dafür ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes kassiert hat.

Zukünftig sollen deshalb in besonders belasteten, sogenannten roten Gebieten 20 Prozent weniger Gülle und Mist auf die Äcker verteilt werden dürfen. Allerdings gilt die Regelung nicht für die Fläche, sondern es gibt pro Betrieb eine Mengenobergrenze. So kann ein Betrieb auch in roten Gebieten mehr Gülle versprühen, wenn auf anderen Feldern weniger eingesetzt wird. Zudem ist Grünland ausgenommen. Um vier Wochen verlängert wurde die Sperrfrist, in der in belasteten Gebieten überhaupt kein Dünger ausgebracht werden darf. Die Bundesregierung will diesen Kompromissvorschlag in Kürze in Brüssel persönlich erläutern. Erst danach soll die Düngeverordnung erneut geändert werden.

Jahrelang hat die Bauernlobby erfolgreich in Berlin gegen die EU-Nitratrichtlinie interveniert, auch jetzt kritisiert der DBV, der Vorschlag verlasse »das Grundprinzip der Bedarfsdeckung landwirtschaftlicher Kulturen mit Nährstoffen« und setzte »betriebliche Existenzen aufs Spiel«, so Rukwied. Positiv sei dagegen die vom DBV geforderte Ausnahme für die Gülleausbringung beim Grünland. Umweltverbände dagegen befürchten, Wiesen und Weiden würden damit zum Endlager für Gülle und zu einer Graswüste ohne Insekten.

Gülle sorgt zudem für erhöhte Treibhausemissionen, zusammen mit Methan, das ebenfalls in der Tierhaltung entsteht. Im Jahr 2017 war die deutsche Landwirtschaft laut Bundesumweltamt insgesamt für 66,3 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente verantwortlich. Das sind 7,3 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen des Jahres. Im Dürresommer 2018 hatte der DBV konkrete Ziele angekündigt: »Wir wollen die CO2-Emissionen bis 2025 um weitere 25 Prozent reduzieren und 30 Prozent bis 2030. Unser Ziel ist, in Richtung Klimaneutralität zu kommen«, sagte Rukwied der Passauer Neuen Presse. Wie, bleibt im Interview unklar. Stattdessen ergänzte Rukwied: »Ob wir es schaffen, ist offen.«

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