Sommerpause am Arbeitsmarkt

14 800 Azubi-Plätze in Berlin-Brandenburg offen - weiter sehr großer Fachkräftemangel

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit leicht verbesserten Zahlen in Berlin und Brandenburg zeigte sich die Lage am Arbeitsmarkt in der Region im Juni stabil. Die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit titelte ihren am Montag vorgelegten Monatsbericht denn auch mit der Zeile »Arbeitsmarkt legt in Berlin Sommerpause ein«. Insgesamt waren in Berlin im vergangenen Monat 152 615 Menschen arbeitslos gemeldet, 816 weniger als im Mai. Damit verharrte die Arbeitslosenquote bei 7,8 Prozent. In Brandenburg sank sie auf 5,6 Prozent, den niedrigsten Wert seit 27 Jahren. Möglich machte das der Rückgang der Arbeitslosenzahl im Nachbarland um 1238 auf jetzt 74 356.

Als Erfolg vermeldete die Agentur, dass die Anzahl der Frauen und Männer, die seit mindestens einem Jahr ohne versicherungspflichtigen Job sind, sowie der Bedarfsgemeinschaften in beiden Ländern überproportional zurückgegangen sei. Insgesamt gab es im Juni in der Region allein 9000 Langzeitarbeitslose weniger.

Zahlen und Fakten

Im Juni 2019 waren in Berlin insgesamt 152 615 Arbeitslose gemeldet. Das waren 816 weniger als im Vormonat und 854 weniger als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote beträgt unverändert 7,8 Prozent.

In Brandenburg waren im Juni 74 356 Menschen arbeitslos registriert, damit sankt ihre Zahl gegenüber Mai um 1238, und um 5770 gegenüber Juni 2018. Die Arbeitslosenquote von 5,6 Prozent war die niedrigste seit 1991.

Um jeweils mehr als 4500 Personen sank die Zahl der Langzeitarbeitslosen in Berlin (minus 10,7 Prozent) und in Brandenburg (minus 13,7 Prozent) im Vergleich zu Juni 2018.

Die Zahl der Bedarfsgemeinschaften in der Grundsicherung ging gegenüber Juni 2018 zurück: in Berlin um rund 14 000, in Brandenburg um 10 100.

Die Zahl der von den Unternehmen angebotenen offenen Arbeitsplätze betrug Ende Juni in Berlin fast 7800, in Brandenburg rund 7000. tm

Nach Ansicht von Bernd Becking, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg, sollten junge Leute, vor allem Schulabgänger, die aktuelle Situation nutzen. »Jugendliche, die eine Ausbildung beginnen wollen, haben derzeit in beiden Ländern gute Chancen auf eine Stelle«, erklärte er. Noch immer seien in der Region fast 15 000 Ausbildungsplätze unbesetzt. Das seien sehr gute Chancen zum Einstieg in die Arbeitswelt. Becking riet jenen Jugendlichen, die noch suchen: »Sie sollten sofort Verbindung mit der regionalen Jugendberufsagentur aufnehmen.«

Berlins Arbeitssenatorin Elke Breitenbach (LINKE) wies darauf hin, dass zur Zahl der offiziell Erwerbslosen noch all diejenigen hinzukämen, die nicht als arbeitslos im Sinne des Sozialgesetzbuches gelten, weil sie an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme teilnehmen oder in einem arbeitsmarktbedingten Sonderstatus sind. Angesichts der guten Lage auf dem Arbeitsmarkt verwies sie darauf, dass viele Unternehmen weiter verzweifelt nach Fachkräften suchen. Vor diesem Hintergrund biete das Ende Juni vom Bundesrat gebilligte Fachkräfteeinwanderungsgesetz nur eingeschränkt Verbesserung und Unterstützung. »Viele Möglichkeiten für die Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften aus Drittstaaten bestanden bereits«, sagte die auch für Integration zuständige Senatorin. Zugleich gebe es auch im neuen Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz, das ja die Integration in Ausbildung und Arbeit erleichtern soll, weiterhin Zugangsbeschränkungen für Gestattete (mit guter Bleibeperspektive, deren Verfahren noch läuft) und Geduldete, zum Teil sogar Schlechterstellungen gegenüber der aktuellen Rechtslage.

In Potsdam sprach Staatskanzleichef Martin Gorholt (SPD) mit Blick auf die Arbeitsmarktzahlen von einem »überaus Mut machenden Signal für den Wirtschaftsstandort Brandenburg«. Er appellierte an Schulabgänger, sich um einen Ausbildungsplatz in Brandenburg zu kümmern. Ein weiteres »starkes Argument für Ausbildung in Brandenburg« sei das neue VBB-Azubi-Ticket, mit dem das Land die Mobilität in Ausbildung fördert.

Kritische Töne kamen von der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB). »Die nachlassende Konjunktur hinterlässt ihre Spuren auf dem Arbeitsmarkt der Hauptstadt«, heißt es in einer Stellungnahme. Mit stagnierender Arbeitslosenquote bleibe Berlin weiter auf dem vorletzten Platz im Ranking der Bundesländer. Besorgniserregend sei, dass nun erstmals auch in der bislang gut laufenden Baubranche weniger offene Stellen gemeldet werden. »Um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, muss der Berliner Senat für ein positives Investitionsklima sorgen. Dazu gehören Anreize für den Neubau von Wohnungen, Bürokratie-Abbau, eine Liberalisierung der Bauordnung sowie Bauförderprogramme.«

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