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Dem Ball entgegen

Neues aus dem Trainingslager des 1. FC Union von Alexander Ludewig

Der Ernst des Fußballerlebens hat in Windischgarsten begonnen. »Wir sind einfach so schnell gelaufen«, scherzte Linksverteidiger Ken Reichel noch am Montag über die rasche Rückkehr ins Hotel. Am ersten Tag des Trainingslagers in Oberösterreich hatten die Spieler des 1. FC Union Berlin nach einem lockeren 25-Minuten-Lauf noch jede Menge Kraft für anderes. Am Dienstag sah man nach der ersten morgendlichen Einheit nur noch in verschwitzte und angestrengte Gesichter.

Vom Trainingsplatz hinter dem Mannschaftshotel waren schon von Weitem laute Kommandos zu hören - von Trainer Urs Fischer. Die Stimme von Markus Hoffmann hingegen war selten zu vernehmen. Der 47-jährige Österreicher war bereits in zwei gemeinsamen Jahren beim FC Basel der Co-Trainer des sechs Jahre älteren Schweizers. Seit einem Jahr arbeiten sie zusammen beim Köpenicker Klub. Selbst wenn sie 70 Meter voneinander entfernt auf dem frisch gemähten Grün stehen - das Verständnis passt. »Bevor nicht 50 Bälle in den Säcken sind, können wir nicht gehen!« Diese unmissverständliche Aufforderung gab Hoffmann an die Spieler weiter.

Die Mannschaft löste die disziplinarische Aufgabe nach dem Training dann allein, ihrer Hierarchie folgend. Jeder Spieler sammelte zumindest einen Ball in seiner Nähe auf. Die weiten Wege, auch den sehr steilen auf den 20 Meter hohen Berg hinter dem Tor, mussten Laurenz Dehl, Maurice Arcones und Julius Kade übernehmen. Sie sind eben erst 18, 19 und 20 Jahre alt und neu im Kader. Anweisungen gab Manuel Schmiedebach: »Schaut, wie viele Bälle noch bei den Torhütern sind«, rief der bundesligaerfahrene Mittelfeldspieler den dreien zu. Während die ersten Spieler schon in der Eistonne oder auf dem Ergometer abseits des Platzes regenerierten, blieb Michael Parensen als dienstältester Union-Profi noch als Ansprechpartner in der Nähe der drei Jungen.

»Ja, gut so!« Während des Trainings lobte Urs Fischer oft. Auf dem Programm stand die Offensive. In mehreren Spielformen wurde Pass- und Laufwege bis hin zum Torabschluss geübt. Das ist Unions Schwäche. Während die Abwehr in der Aufstiegssaison die beste der zweiten Liga war, stellten die Berliner nur den sechstbesten Angriff. Die Spielzüge vorbei an den aufgestellten Pappkameraden funktionierten an diesem Vormittag so gut, dass Fischer wenig kritisieren muss, nur ab und an mal die Passschärfe. Das alte Problem, vor dem Tor Lösungen zu finden, offenbart sich schnell, als eine lebendige Viererkette die Angriffe verteidigen soll. »Bewegen«, schreit Fischer. »Ihr steht schon wieder!« »Dem Ball entgegen!« »Mehr Zug, mehr Zug!« »Zu viele Kontakte!« Der Trainer fordert schnelles Spiel mit möglichst wenig Ballberührungen, egal ob durch die Mitte oder über die Außenbahnen.

Nicht Üben, auch Kaufen soll Union gefährlicher machen. Allein sieben Neuzugänge wurden schon für die Offensive geholt. Einen ersten Hinweis auf die gesteigerte Qualität im Angriff gab Anthony Ujah. 64 Erstligatore hat der 28-jährige Nigerianer schon in Deutschland, Norwegen und China erzielt. Zum Saisonauftakt am vergangenen Sonnabend in der Alten Försterei beim 2:1-Sieg gegen Bröndby Kopenhagen hämmerte er den Ball nach Brustannahme und Drehung um zwei Gegenspieler in den Winkel. Das Tor zählte ob einer angeblichen Abseitsposition nicht, machte aber Lust auf mehr. Selbst bei einem Rivalen um die wenigen Plätze im Sturm. »Wir können nur besser werden, wenn auch die Konkurrenz größer ist«, meint Sebastian Polter.

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