- Politik
- Kinderarmut
Arme Kinder werden diskriminiert
Armutsforscher Michael Klundt empfiehlt sensibleren Umgang mit Sprache
Magdeburg. Der Armutsforscher Michael Klundt von der Hochschule Magdeburg-Stendal beklagt eine Diskriminierung von Kindern in Armut durch Politiker und auch Journalisten. »Wer von Problemkindern oder -eltern spricht, erklärt die Schwierigkeiten dieser Menschen zu ihrem Wesensmerkmal«, sagte Klundt dem Evangelischen Pressedienst. Politiker sollten diese prekären Umstände gemeinsam mit den Betroffenen bekämpfen, sagte der Professor, der jüngst die Studie »Gestohlenes Leben - Kinderarmut in Deutschland« veröffentlicht hatte.
Klundt empfahl, sensibel mit Sprache umzugehen, um Diskriminierungen zu umgehen: »Besser ist es, von Eltern zu sprechen, die Probleme haben oder von Kindern, die in problematischen Verhältnissen aufwachsen.« Auch die Schulen nimmt der Experte in die Pflicht, bewusst gegen Ausgrenzung vorzugehen. Von Pädagogen wünsche er sich einen wertschätzenderen Umgang mit Kindern in Armut: »Kinder nehmen genau wahr, wie Lehrer über Arme sprechen, wie sie arme Eltern und Kinder behandeln.«
Zur Erscheinungsform von Kinderarmut in Deutschland sagte Klundt: »Wer von Armut spricht, hat meist Obdachlosigkeit vor Augen oder Kinder, die Drogen oder ihren Körper verkaufen.« Meist aber sei Armut von Kindern in Deutschland öffentlich kaum sichtbar: »Das sind Kinder, die morgens oft hungrig zur Kita oder Schule kommen, kein eigenes Zimmer haben, keinen ruhigen Ort, um Hausaufgaben zu machen, die sich schämen, Freunde nach Hause einzuladen oder ihnen kein Geschenk machen können, wenn sie zum Geburtstag eingeladen werden.«
Laut dem letzten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung leben 1,9 bis 2,7 Millionen von 12,9 Millionen der unter 18-Jährigen in relativer Armut oder sind armutsgefährdet. Angesichts einer hohen Dunkelziffer geht der Deutsche Kinderschutzbund sogar von über vier Millionen betroffenen Kindern aus. Knapp eine Million Kinder Alleinerziehender leben nach offiziellen Daten von Hartz IV.
Lesen sie auch zum Thema: Arme Kinder haben arme Eltern. Expert*innen aus der Praxis fordern stärker familienorientierte und armutssensible Politik. Von Claudia Krieg
Der Wissenschaftler rät Kommunen dazu, Kitas, Schülerticket und Schulessen kostenlos anzubieten. Zudem sollten sämtliche Schulmaterialien kostenfrei bereitgestellt werden. Darüber hinaus müssten die Hartz-IV-Sätze angehoben werden. Sie dürften nicht mehr durch Sanktionen unterschritten werden. epd/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.