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Autos? Nicht in meinem Hinterhof
Susanne Schwarz meint: Viele schimpfen zurecht über den SUV-Boom, doch private Autos generell sind das Problem
Es wäre auch ein Jammer, wenn Matsch und Modder an die verchromten Felgen geraten würden. Das härteste Gelände des modernen SUVs ist das Kopfsteinpflaster, das sich in manchen Innenstädten gehalten hat, seinen herrlich unpraktischen Huckeln und der aufwendigen Bauweise zum Trotz. Obwohl sie pragmatisch gesehen kein Mensch braucht, sind Geländewagen die Autos der Stunde. In der ersten Hälfte des Jahres war jedes fünfte Auto, dessen Schlüssel über die Ladentheke ging, ein SUV. Das Segment hatte einen Marktanteil von 20,3 Prozent und lag damit nur um einen halben Prozentpunkt hinter dem Spitzenreitersegment, der Kompaktklasse. Der Trend zum Pseudo-Geländewagen läuft seit Jahren - und trägt massiv dazu bei, dass der Verkehr in Deutschland nicht klimafreundlicher wird. Dass die Motoren effizienter sind als früher, hilft schließlich nicht viel, wenn die Karren dafür immer fetter werden und trotzdem mehr Sprit brauchen.
Der SUV steht wie kein anderes Auto für den Siegeszug des Neoliberalismus in den 80er Jahren. Die Idee, aus dem Land Rover einen Wagen für die Massen zu machen, ist zwar viel älter, schlug damals aber so richtig ein. Der Self-Made-Man der Thatcher-Ära wollte keine altbackene Limousine wie die, in denen sich die alte Oberschicht herumkutschieren ließ. Sein schnelles Geld aus dem Investmentbanking, aus der Werbung, aus der Immobilienspekulation sollte in einen Wagen fließen, der rauer war, ohne an Tempo und Komfort zu sparen. Die Stadtpanzer bringen auch heute das Recht des Stärkeren in wenig subtiler Symbolik auf die Straße: mit einer hohen Karosserie, die die Fahrerin auf alle anderen hinabblicken lässt. Mit genug Komfort und Bling-Bling, um offenkundig teuer gewesen zu sein. Mit einer Masse, die einen Unfall für die Insassen sicherer und für die Außenwelt gefährlicher macht. Die Potenz auf vier Rädern.
Aber, damit es keine Missverständnisse gibt: Nicht nur die fetten Wagen sind das Problem. Sie machen nur offensichtlich, was an Autos generell schlecht ist. Auch die kleineren Blechkisten verbrauchen Ressourcen, treiben die Klimakrise an, nehmen Platz weg, verpesten mit Ausnahme von E-Fahrzeugen die Luft - und sie sind häufig nutzlos. Das gilt natürlich nicht für Regionen auf dem Land, wo Zugstrecken und Buslinien fehlen oder im großen Stil auch gar nicht sinnvoll sind.
Wie ineffizient unsere Fixierung auf den privaten Straßenverkehr ist, zeigt ein einfaches Gedankenexperiment: In Deutschland haben wir gerade 47 Millionen zugelassene Autos. Würde das ganze Land auf einmal darin einsteigen, müsste niemand auf die Rücksitze. Nun steigt aber niemals ganz Deutschland auf einmal in die Autos, deswegen ist die durchschnittliche Auslastung noch schlechter. In den meisten Autos sitzt nur eine Person, obwohl sie auf fünf ausgelegt sind. Der Wahnsinn.
Der Privatbesitz von Autos ist ein Modell, das zumindest in Städten abgeschafft gehört. Deshalb müssen seine Subventionierung, etwa durch das Diesel-Privileg, und die De-Facto-Subventionierung durch kostenloses Parken in der Öffentlichkeit schnellstmöglich der Vergangenheit angehören. Eine Mischung aus Bus, Bahn und (E-) Carsharing, Radfahren und Laufen ist klimafreundlicher, gerechter - und hübscher.
Warum sollten wir das Argumentieren mit Ästhetik nur denen überlassen, die damit alte Geschäftsmodelle von Großkonzernen erhalten wollen? Beispiel Windkraft: Windräder müssen sich gefallen lassen, sie würden Land- und Nachbarschaften verschandeln, auch wenn sie zukunftsfähige, saubere Energie liefern. Der Windkraftausbau ist nicht nur, aber auch deswegen in der Krise. Es ist ein ständiges »Ja, aber«. Ja zur Energiewende im Allgemeinen, da ist sich die große Mehrheit der Deutschen einig. Aber: Nicht in meinem Hinterhof.
Autos ziehen sich wie Ketten aus richtig hässlichen und stinkenden Blechperlen durch unsere Städte, Dörfer, Wiesen und Wälder. Eine, zwei oder mehr Fahrspuren, ein Parkstreifen auf jeder Seite. SUVs sind der Gipfel der privaten Belagerung öffentlichen Raums durch Autobesitzer. Sie passen ja meist nicht mal sauber in eine einzelne Parklücke. Da könnten überall auch hübsche Blumenbeete sein, vielleicht ein paar Bänke zum Sitzen, freie Flächen zum Kreidemalen für Kinder, zum Verstärkeraufstellen für Straßenmusikerinnen. Und zum Laufen und Fahrradfahren. Stattdessen Autos über, vor und hinter Autos. Schluss damit: Nicht in meinem Hinterhof!
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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