Keine Robin Hoods der Männlichkeit

Natascha Strobl hat die Nase voll von frauenfeindlichen Hassnachrichten im Kurznachrichtendienst Twitter

  • Natascha Strobl
  • Lesedauer: 3 Min.

»Wenn ich die sehe ist mir nur nicht der Tag, sondern die ganze Woche verdorben.« »Dich hat wer gefickt?« »Hysterische paranoide alter Weiber.« Das sind nur einige der zahlreichen Beleidigungen und Herabwürdigungen, die ich in letzter Zeit an Frauen aus meinem Twitter-Umfeld gerichtet gelesen habe. Ohne, dass ich danach suchen musste. Sie sind einfach in meinem Feed erschienen. Sie sind nur die Spitze des Eisbergs von Respektlosigkeit, Hass und Frauenverachtung, die Userinnen tagtäglich über sich ergehen lassen müssen. Es regt auch gar nicht mehr groß auf, denn diese Beleidigungen sind eine Normalität geworden, »mit der man halt umgehen lernen muss«. Doch warum eigentlich?

Die Verfasser dieser Tweets sind oft nicht dem Klischee entsprechend anonyme Trolle, sondern etablierte Twitter-User, die mit vollem Namen diese Tweets absetzen. Prangern Frauen diese an, fehlt es vielerorts an Solidarität mit den betroffenen Frauen. Umso namhafter und weniger anonym der Mann, umso mehr Solidarität wird ihm zuteil. Das Anprangern der Beschimpfungen wird dann ganz schnell zu einer »Hetzjagd« gegen einen »kritischen« Mann umstilisiert, den man via Twitter »vernichten« möchte.

Ich denke mir das nicht aus. Genau so ein Fall ist Ende Juli in der österreichischen politmedialen Twitter-Blase passiert. Ein Mann, der mit Frauenverachtung und Rassismus Aufsehen erregt (ob aus Provokationswillen oder Überzeugung wage ich nicht zu beurteilen, es ist auch nebensächlich), wird in seinen immer untergriffigeren Ausfällen unterstützt und gestärkt. Sofort finden sich - auch progressive - Männer und springen ihm zur Seite. Ein öffentliches Dagegenhalten findet nicht statt. In der Männerkumpaneirunde finden sich zahlreiche Menschen mit hohen Posten in Politik und Verwaltung, also Männer mit hohen Einkommen und sicheren Jobs, die aus ihrer Elitenposition vorrangig auf prekär beschäftigte Frauen losgehen, die es gewagt haben, einen der ihren für seine Twitter-Nachrichten verantwortlich zu machen.

Diese Episode ist beispielgebend dafür, wie akzeptiert es ist, Frauen online zu beschimpfen und verächtlich zu machen. Diese Männer haben keinerlei Konsequenzen für ihr Verhalten zu erwarten. Beim leisesten Widerspruch spielen sie sich als Widerstandskämpfer gegen den bösen Feminismus auf, der ihnen schändlicherweise verbieten will, Frauen zu beleidigen. Wird es einen Hauch unangenehm, springen ihnen andere Männer zur Seite. Sie haben weiter ihre gut bezahlten Jobs, die Auftragslage stimmt und es finden sich laufend Medien, die den armen von Emanzen verfolgten Robin Hoods der Männlichkeit ein Mikro unter die Nase halten.

Für Frauen hingegen, gerade wenn sie prekär beschäftigt und von Auftragsgebern abhängig sind, wird es schon bei viel weniger sehr unangenehm. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass ein großer Twitter-Account schmeichelnd und gut für das eigene Ego ist, aber gleichzeitig ist mir auch immer die andere Seite der Medaille bewusst. Diese besteht aus Verleumdungen, Lügen und Drohungen. Das führt dann auch dazu, dass es potenziellen Arbeitergebern, die einen googeln, für eine Anstellung zu heikel ist. Es ist also der umgekehrte Fall, den wir bei den antifeministischen Machomännern sehen.

Twitter ist, wie jede politische Diskussion egal in welcher Arena, von Machtungleichheiten geprägt, die sich unter anderem auf Grund von Klasse, Geschlecht und Herkunft ergeben. Progressive Menschen sollten diese Machtspiele durch Solidarität mit den Betroffenen anstelle von Kumpanei mit den Tätern durchbrechen.

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