Ende der schwarzen Dominanz

Während Sachsens LINKE auf mehr als ein Direktmandat hofft, könnten Grüne erstmals Wahlkreise gewinnen

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Moment ist Juliane Nagel eine Besonderheit. Die LINKE-Politikerin aus Leipzig ist die einzige Abgeordnete in Sachsen, die 2014 bei der Wahl ein Direktmandat errang und nicht von der CDU kommt. Sie lag im Wahlkreis Leipzig II bei den Erststimmen mit 3,3 Prozentpunkten vor dem CDU-Kandidaten. In allen anderen der 60 Wahlkreise machten dessen Parteikollegen das Rennen. Karten zu den Erststimmenergebnissen im Freistaat waren daher tiefschwarz - mit einem tiefroten Fleck im Leipziger Süden.

Bei dieser Wahl, darauf deuten die Prognosen hin, wird die Karte der Direktmandate viel bunter. Vor allem im Osten des Freistaats dürfte sie blau werden; die AfD wird wohl wie erstmals bei der Bundestagswahl 2017 viele Wahlkreise gewinnen. Darin sind sich die Internetportale »wahlkreisprognose.de« und »election.de« einig - mit einem umso bemerkenswerteren Unterschied: Im Görlitzer Wahlkreis 58, wo der 2017 von einem AfD-Mann um sein Bundestagsmandat gebrachte Ministerpräsident und CDU-Chef Michael Kretschmer antritt, sieht »wahlkreisprognose.de« diesen mit über zwölf Punkten vorn. Die Politikberatungsseite »election.de« sieht dagegen in demselben Bezirk einen von zwei Wahlkreisen, in denen die AfD einen Vorsprung hat und mit »35 Prozent Wahrscheinlichkeit« gewinnen könnte.

Neben Görlitz gilt das Interesse am 1. September vor allem den Großstädten. Dort werden der LINKEN Direktmandate in Aussicht gestellt und erstmals auch den Grünen, denen ein solcher Erfolg im Freistaat noch nie gelang. Nun profitieren sie aber von ihrem bundesweiten Höhenflug sowie von der Schwächung der einst dominanten sächsischen CDU durch die AfD, getreu der Devise: Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Den Grünen werden derzeit nach übereinstimmender Prognose beider Portale sechs Direktmandate vorhergesagt, je drei in Leipzig und Dresden. Das wäre ein grandioser Erfolg für die Partei, die nach den 5,7 Prozent bei der Wahl 2014 in der ablaufenden Wahlperiode insgesamt lediglich acht Abgeordnete stellte.

Für die LINKE ist der Gewinn von Direktmandaten dagegen nicht mehr so ungewohnt; sie hatte die seit 1990 währende Phalanx der CDU in den Wahlkreisen bereits 2004 gebrochen, als vier Wahlkreise gewonnen wurden: zwei in Leipzig, je einer in Chemnitz und Hoyerswerda. Das gelang vor allem dank lokal gut verankerter Kandidaten. Ihr Ergebnis bei den Erststimmen war, wie im Fall von Karl-Friedrich Zais in Chemnitz, teils anderthalb mal so hoch wie das landesweite Ergebnis der damaligen PDS. Der in Hoyerswerda siegreiche Dietmar Jung verstarb 2005 mit gerade einmal 47 Jahren.

Im Jahr 2009 verteidigten Zais sowie Dietmar Pellmann im Leipziger Stadtteil Grünau ihre Direktmandate. 2014 beschloss die Regierung einen Neuzuschnitt der Wahlkreise, der unter anderem die Chemnitzer Hochburg der LINKE zerschnitt. Juliane Nagel allerdings gelang es, einen Wahlkampf zu führen, mit dem sie sich in linksalternativen Vierteln im Leipziger Süden gegen die Grünen behauptete und zugleich in ländlichen Regionen am Stadtrand die CDU in Schach hielt.

Von diesen Erfolgen will die Partei lernen und zudem von der Misere der CDU profitieren. Bereits 2014 habe diese »in einer ganzen Reihe von Wahlkreisen nur wenige Stimmen« vor Bewerbern der LINKE gelegen, erklärte deren Landesvorstand kürzlich. Inzwischen sei das Parteiensystem in Bewegung geraten, was »auch für uns die Chance« eröffne, mehr Direktmandate zu erobern. Man habe sich daher »vorgenommen«, neben der Verteidigung von Nagels Wahlkreis weitere zu erobern. Konkret genannt werden drei in Leipzig und einer in Chemnitz. Das sei »keine abschließende Aufzählung«, sagt die Landeschefin Antje Feiks. Prognosen von »election.de« stützen die Ambitionen zum Teil: Sie sehen die LINKE in zwei der vier Kreise vorn; in zweien hinter den Grünen.

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