AfD-Nachwuchs mit Sturmgewehr

Mitglied der Jungen Alternative lässt sich von ukrainischen Neonazis im Schießen trainieren

  • Sebastian Weiermann
  • Lesedauer: 3 Min.

Die AfD sorgt oft für Irritationen, wenn es um ihre Positionierung zum Konflikt zwischen Russland und der Ukraine geht. Immer wieder besuchen Funktionäre der Partei die umkämpften Gebiete im Osten des Landes oder die Krim. Immer wieder fielen sie dabei, mit einer besonders Russland freundlichen Positionierung auf, betätigten sich bei umstrittenen Wahlen als «Wahlbeobachter» oder nahmen an Veranstaltungen teil, die die russische Herrschaft über die Krim legitimieren sollten.

Bei Ivan B. einem Mitglied der AfD Jugendorganisation «Junge Alternative» ist die Verbindung in die Ukraine anders gelagert. Die antifaschistische Rechercheplattform «Exif Recherche» veröffentlichte am Sonntag ein ausführliches Dossier über die Aktivitäten von Ivan B. in der ukrainischen Hauptstadt. Von Mitte Juli bis Anfang August verbrachte Ivan B. einige Wochen in der Ukraine. Er und seine Freundin füllten ihre Seiten in sozialen Netzwerken fast täglich mit Fotos. Ivan und Elena in die deutsche und ukrainische Fahne gehüllt vor dem Unabhängigkeitsdenkmal am zentralen Majdan, beide in cooler Pose auf den nächtlichen Straßen von Kiew. Viel sieht nach ganz normalen Urlaubsfotos eines jungen Pärchens aus. Wären da nicht auch Bilder die Fragen aufwerfen, etwa eins auf dem er eine Grimasse zieht, während sie im Hintergrund mit einem Sturmgewehr posiert. Dass es sich dabei, nicht um Späße handelt, dass hat «Exif Recherche» genau nachgezeichnet.

Die Gruppe hat noch mehr Bilder gefunden, die Ivan B. selbst mit einem Sturmgewehr zeigen. Er liegt am Boden, feuert einhändig oder posiert mit bewaffneten «Kameraden». Auf den Bildkommentar «Wo bist du?» antwortet B. «ATEK. Hast du nicht erkannt?» Atek, dass ist das Gelände einer alten Baggerfabrik in Kiew. Hier hat die extrem rechte Asow-Brigade ihr Hauptquartier eingerichtet.

Das Gelände ist der zentrale Anlaufpunkt für neue Rekruten, die hier an der Waffe ausgebildet und im Nahkampf trainiert werden. Ivan B. schwärmt über sein Training: Dies wird in Deutschland nicht außerhalb der Armee gelehrt – das in diesem Beitrag dargestellte Ereignis war interessant und informativ!« Ivan B. ist nicht der einzige Rechte aus Deutschland, der von der Ukraine schwärmt. Die neonazistische Kleinstpartei »Der Dritte Weg« etwa berichtet nach einer Kiew-Reise von »unvergleichbaren Möglichkeiten« Räume mitten in der Stadt zu nutzen und große, öffentliche Konzerte auszurichten.

Die Asow-Brigade und ihre Teilnahme am militärischen Konflikt im Osten der Ukraine sind für deutsche Nazis ein Traum. Unbekannt ist, wie viele sich freiwillig gemeldet haben, um an den Kampfhandlungen teilzunehmen.

Wie sehr die ukrainischen Nationalisten Vorbild sind, ist auch in einem Beitrag des Rostocker »Aktionsblogs« zu lesen. In einem Bericht der die Majdan-Revolution als das Werk einer kleinen Gruppe entschlossener Nationalisten glorifiziert heißt es, »Wenige Männer mit dem richtigen Ideal und dem Wissen, wie man mit dem Bürgertum umgeht, sind weitaus effektiver als eine große Gruppe von Menschen, die dem Bürgertum hinterherläuft um es zu beeinflussen.«

Ivan B. ist Teil der Neonazis, die den Rostocker »Aktionsblog« gestalten. Auf mehreren Fotos ist er zu erkennen. Posiert dort auch einmal mit einer ukrainischen Flagge. Genauso hat er es auch bei einer Demonstration der AfD am 16. November 2018 in Rostock gemacht. Ein Urlaubsfoto von Ivan B. hat es auch auf die Facebook-Seite der »Jungen Alternative« Mecklenburg-Vorpommern geschafft. »Patriotische Urlaubsgrüße aus Osteuropa von einem frischen JA-Mitglied« ist der Kommentar zum Bild. Es zeigt Ivan B. nicht mit Sturmgewehr sondern im T-Shirt der AfD-Jugendorganisation, vor der Sophienkathedrale in Kiew.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.