Kohlemilliarden mit ein paar Klimapflichten

Bundeskabinett beschloss noch vor den Landtagswahlen Hilfegesetz für Braunkohleregionen

  • Jörg Staude
  • Lesedauer: 2 Min.

In Berlin müht man sich sichtlich, den Landesregierungen in Brandenburg und Sachsen unter die Arme zu greifen. Am Mittwoch beschloss das Kabinett das sogenannte Strukturstärkungsgesetz für die Kohleregionen - nach einer gesetzgeberischen Tour de Force: Obwohl die »Eckpunkte« für die Strukturhilfen seit Mai vorliegen, versendete das Bundeswirtschaftsministerium erst vor Wochenfrist den eigentlichen Gesetzentwurf und gab Ländern wie Verbänden nur eine 24-Stunden-Frist für Stellungnahmen. Im Bundestag dürfte er frühestens Mitte September beraten werden.

Das Gesamtvolumen an Hilfen von 40 Milliarden Euro, die von 2020 bis 2038 in die Kohleregionen fließen sollen, hat sich nicht verändert. 14 Milliarden davon sollen in drei Tranchen von 5,5 Milliarden (2020 bis 2026), 4,5 Milliarden (2027 bis 2032) sowie vier Milliarden (2032 bis 2038) ausgegeben werden. Diesen Teil müssen Länder und Kommunen zu zehn Prozent kofinanzieren.

Mit weiteren bis zu 26 Milliarden Euro will der Bund die Regionen direkt unterstützen. Hier geht es um Vorhaben, die ohnehin in Bundeszuständigkeit fallen, wie den Ausbau der Fernstraßen und Schienenwege, aber auch Vorhaben aus dem Wunschkatalog der Länder, bei denen der Bund mitzureden hat oder dies tun will.

Neu ist, dass im 14-Milliarden-Katalog Umweltschutzmaßnahmen vorkommen wie Bodensanierung, Wassermanagement, Naturschutz und Landschaftspflege oder zur »Renaturierung und Umgestaltung ehemaliger Tagebauflächen sowie zu deren Aufforstung«. Letzteres sicher eine Reaktion darauf, dass die Rückstellungen der Tagebaubetreiber nie und nimmer für die notwendige Rekultivierung ausreichen werden.

Ebenso neu im Gesetz ist, dass von den 14 Milliarden nur die erste Tranche bis 2026 ohne Kohleausstiegspflichten fließen soll. Danach wird nur dann gezahlt, wenn in der vorausgehenden Förderperiode Stilllegungen von Braunkohleanlagen im vorgesehenen Umfang »erfolgt oder rechtsverbindlich vereinbart worden sind«. Ansonsten droht das Gesetz schon mal mit dem Zurückhalten der Mittel, bis die Vorgaben des Ausstieggesetzes erfüllt sind. Mit dieser Verknüpfung ging die Bundesregierung zumindest teilweise auf die Kritik an den »Eckpunkten« ein, es würden Milliarden ohne Klimaschutzpflichten verteilt.

Dem Stadtwerkeverband VKU geht diese Änderung aber schon zu weit. Dass Strukturhilfen für ein ganzes Bundesland zurückgestellt würden, wenn ein einzelnes Kraftwerk nicht nach Plan stillgelegt wird, sei eine Härte und erschwere die langfristige Strukturentwicklung, erklärte VKU-Geschäftsführerin Katherina Reiche.

Der populistische Hinweis von Kohlebefürwortern, östlich von Brandenburg werde weiter munter auf den Energieträger gesetzt, verfängt indes nicht mehr: Seit Mittwoch sind die Pläne für einen neuen Braunkohletagebau an der Grenze bei Gubin endgültig passé. Der polnische Energiekonzern PGE ließ die letzte Frist verstreichen, um offene Umweltfragen zu beantworten.

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