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- AfD und Wissenschaft
An die Kandare!
Jan Mollenhauer erläutert die Forderungen der Sachsen-AfD zur Wissenschaftspolitik
Nach der Wahl in Sachsen wolle die AfD nicht nur das Innen- und ein Ministerium für den ländlichen Raum besetzen, sondern auch das für Bildung, meldeten im Sommer die Agenturen. Letzteres solle dann auch die Wissenschaft umfassen. Was aber die Rechtsradikalen laut »Regierungsprogramm« mit derselben vorhat, sollte alarmieren. Die wissenschaftspolitischen Vorstellungen der Partei folgen der gleichen Agenda, die auch ihre Kulturpolitik prägt. Hier klagt man über eine vermeintlich kunstfremde Politisierung, will »politischen« Theatern die Mittel streichen - und fordert zugleich ein nationales Erbauungsprogramm, das der AfD freilich nicht als »politisch« gilt, sondern als gesunder Menschenverstand - eine Kriegserklärung im »vorpolitischen« Raum, wie es rechte Strateg*innen nennen. Denn wenn es gelingen würde, rechte Ideologie als »unpolitisch« zu normalisieren, hätte sich die kulturelle Hegemonie drastisch verschoben.
Auch in Bildung und Wissenschaft strebt man nach einer solchen Politisierung unter dem Deckmantel der Ideologiefreiheit. Als »politisch« angegriffen wird vor allem jede Form von Geschlechtergerechtigkeit: Man will nicht nur wie in Ungarn die Gender Studies abschaffen, sondern die Gleichstellungsbeauftragten gleich mit. Dieser intendierte Eingriff - über die Einrichtung und Aufhebung von Studiengängen entscheiden üblicherweise die Hochschulen - zeigt, worum es geht, wenn von einer »Abstimmung« bildungspolitischer Entscheidungen die Rede ist: um mehr Lenkung der Lehr- und Forschungsinhalte von der ersten Klasse bis zum Uniabschluss. Im Papier ist von einer Pflicht zu lesen, zum »Fortschritt seiner Heimat« beizutragen und die »Verteidigungsfähigkeit unserer Heimat gegen äußere und innere Bedrohungen« zu erhalten. Hier schimmert der Wille zu einer nationalistisch orientierten Wissenschaft durch.
Dünn wird die AfD bei konkreten Problemen: Verhältnis der Statusgruppen? Lage des wissenschaftlichen Nachwuchses, Entfristungen, Finanzierbarkeit des Studiums, bezahlbarer Wohnraum? Fehlanzeige. Kein Wunder, will die AfD doch den Hochschulzugang beschränken: Weniger Ausländer, weniger Studis - in einem unterkomplexen Weltbild fungieren Hochschulen als völkische Elitenbrüter. So lesen sich auch die Antworten auf die Wahlprüfsteine der Landesrektorenkonferenz: Die AfD spielt Berufs- und Hochschulausbildung gegeneinander aus, redet vom »Bedarf« an Absolventen (nur in männlicher Form). Die Unabhängigkeit der Hochschulen solle gewahrt werden - gegenüber vermeintlichen Verzerrungen durch Kennzahlensteuerung und Quotierungen. Wie plump man indes selbst die Wissenschaft an die Kandare nehmen will, zeigten die sächsischen Haushaltsberatungen im Dezember 2018: Die AfD beantragte, dem - nicht eben als »linksgrün versifft« bekannten - Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung die Zuschüsse zu streichen, seien doch Äußerungen dortiger Forschender »ideologisch«.
Vor diesem Hintergrund bekommen auch diskutable Forderungen einen anderen Dreh. So plädiert man - wie linke Parteien auch - für eine Erhöhung der staatlichen Grundfinanzierung, da die Abhängigkeit von Drittmitteln zu hoch sei. Doch ist das eine Drohung, wenn die Forderung von Leuten kommt, die dem Staat das Streichen missliebiger Studiengänge zubilligen wollen: Bei allem Übel führt Drittmittelforschung inhaltlich zu einer gewissen Variabilität. Auch die Kritik an den Bologna-Reformen geht nicht über Diplom- und Magister-Nostalgie hinaus. Was die Unis dazu sagen, interessiert so wenig wie der Stand der Dinge. So warnt eine Sprecherin der TU Dresden vor einem Zurückdrehen der Reform, schon wegen der internationalen Vergleichbarkeit - und betont, dass die TU in den Ingenieurswissenschaften, um die sich die AfD besonders sorgt, weiter Diplomstudiengänge anbietet.
Sollte die AfD je in die Lage geraten, an eine Umsetzung dessen zu gehen, träfe sie auf Widerstand, versichert Dirk van Laak, Professor an der Uni Leipzig: Einen »politisierten Auftrag, eine wie auch immer definierte ›Heimat‹ zu verteidigen«, werde die Wissenschaft nicht hinnehmen. Das mag man hoffen. Vorerst aber müssen diejenigen, die Einfluss darauf haben, dafür sorgen, dass solche Kämpfe niemals ausgefochten werden müssen. »Diejenigen« - das heißt konkret: CDU.
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