Anti-Umwelt-Minister

Obwohl Ricardo Salles vorsichtig auf Distanz zu Bolsonaro geht, spricht nichts für eine Wende in der Umweltpolitk

  • Niklas Franzen
  • Lesedauer: 2 Min.

Für einen kurzen Moment wirkte Ricardo Salles wie die Stimme der Vernunft der brasilianischen Regierung. Die von der G7-Staaten angebotenen Hilfszahlungen zur Bekämpfung der Brände im Amazonas-Gebiet seien willkommen, sagte der Umweltminister. Damit ging er auf Distanz zu Präsident Jair Bolsonaro, der zunächst die Zahlungen kategorisch abgelehnt und beleidigt gegen Frankreichs Präsident Macron ausgeteilt hatte.

Kommt mit Salles die Wende in der Umweltpolitik? Wohl kaum. Zwar wirkt der 44-Jährige im Vergleich zum cholerischen Bolsonaro ruhiger und professioneller. Allerdings steht er dem - zumindest in der Umweltpolitik - in kaum etwas nach. Salles war Mitglied eines Agrarverbandes, wettert regelmäßig gegen NGOs und zweifelt Daten von Umweltbehörden an. Unlängst erklärte er, der Amazonas brauche »kapitalistische Lösungen«. Damit liegt er ganz auf dem Kahlschlagkurs von Bolsonaro. Auch im Wahlkampf sorgte Salles für Aufsehen, als er forderte, Schusswaffen gegen Linke und Wildschweine einzusetzen.

Salles ist eigentlich Anwalt und gründete 2006 zusammen mit ein paar Freunden die Gruppe »Brasilien rechts machen«, die jährlich einen Tag der Steuerfreiheit feiert und Internetnutzern dafür Geld bezahlen wollte, linke Politiker in Restaurants zu belästigen. Studiert hat Salles an einer Eliteuniversität in São Paulo und in Yale - das behauptete er zumindest in einem Zeitungsartikel. Stimmt allerdings nicht, wie ein Recherchemagazin aufdeckte. In der Politik lief es lange nicht rund für Salles: Für drei Parteien trat er erfolglos als Kandidat an. Schließlich landete er im vergangenen Jahr bei der ultraliberalen Novo-Partei - wurde aber wieder nicht gewählt. 2016 musste er als Umweltsekretär des Bundesstaates São Paulo zurücktreten, als aufgedeckt wurde, dass er Umweltpläne zugunsten von Minenbetreibern fälschen ließ. Zwei Wochen nach seiner Verurteilung kam er aber doch noch zu einem wichtigen Job in der Politik und wurde von Bolsonaro zum Umweltminister ernannt.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.