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Das unerwartete Desaster
Nach der zweiten Niederlage müssen die deutschen Basketballer ihre WM-Träume begraben
Als Danilo Barthels letzter Dreipunktewurf sein Ziel weit verfehlte, wurde zur Gewissheit, was knapp zwei Stunden lang in der Luft des Bay Sports Centers von Shenzhen gelegen hatte. Diese so hoch gelobte neue deutsche Basketballgeneration versagte in dem Moment, in dem sie erstmals scheinen sollte. Mit 68:70 verlor sie auch ihre zweite WM-Partie in China und flog damit im Kampf um einen Platz in der Zwischenrunde überraschend früh raus.
»Natürlich bin ich wahnsinnig enttäuscht. Wir sind mit ganz anderen Erwartungen hierhergefahren, wollten unter die besten 16 kommen. Aber das haben wir nicht geschafft«, sagte der Präsident des Deutschen Basketball-Bundes, Ingo Weiss, der als Erster aus der DBB-Entourage am Dienstagabend den unangenehmen Gang vor die Mikrofone der Journalisten angetreten hatte. »Das macht uns traurig. Und das ist großer Mist. Das nervt mich.«
Dennoch wollte kein Funktionär, vom Präsidenten hinab bis zum Trainer, die junge deutsche Mannschaft zu sehr kritisieren. Das tat sie dann schon selbst: Spielmacher Maodo Lo sprach »vom Desaster, das keiner erwartet hat«. Und Kapitän Robin Benzing meinte, dass »wir nicht das in die Partie mitgenommen haben, was wir in der zweiten Hälfte gegen Frankreich noch so gut gemacht hatten. Wir haben mit Angst gespielt.«
Den Auftakt gegen die Franzosen hatte Deutschland schon mit 74:78 knapp verloren und stand so im Gegensatz zu den Dominikanern unter Erfolgsdruck. Je länger das Spiel eng blieb, desto größer sei der Druck geworden, so Benzing. »Die anderen waren hungriger als wir, und das darf uns nicht passieren in einem Spiel, das wir gewinnen müssen. Darüber sollten wir uns schämen«, ging Benzing hart mit seinem Team ins Gericht. Er betonte jedoch, dass die nötige Einstellung auch bei ihm gefehlt habe. »Natürlich haben wir gekämpft, aber in gewissen Momenten fehlte der kleine Biss.«
Der Bundestrainer hatte das anders gesehen. »Wir sind sehr hungrig, wollten hier unbedingt gewinnen. Daher teile ich diese Einschätzung überhaupt nicht«, widersprach Henrik Rödl seinem Kapitän. »Es ist auch nicht so, dass wir das Spiel komplett versemmelt hätten. Es war super knapp gegen ein unangenehmes Team.« Laut Rödl sei die Niederlage ein Resultat vieler kleiner Dinge. »Ich fand uns defensiv gut. Wir haben ihnen die Würfe schwer gemacht, und trotzdem haben sie getroffen. Und uns fehlte am Ende ein Dreier, der einfach nicht fallen wollte. Wir haben heute nur 16 Prozent aus der Distanz getroffen, gegen Frankreich waren es noch 45 Prozent. Das war heute natürlich grottig«, so Rödl. In einem Basketballspiel, in dem es um alles geht, könne so etwas aber einfach mal passieren.
Es bleibt festzuhalten, dass die deutsche Mannschaft ihre Qualitäten hat - aber auch, dass sie diese auf unerklärliche Weise nach einer überzeugenden WM-Qualifikation und der ebenso starken Turniervorbereitung fast komplett zum wichtigsten Zeitpunkt verlor. Paul Zipser, der schon in der NBA gespielt hat, wirkte bei jeder Aktion nervös und hatte am Ende mehr Fouls auf seinem Konto als Punkte. Maximilian Kleber, der bei den Dallas Mavericks aktiv ist, warf nicht ein einziges Mal. Dafür durfte Daniel Theis, der nicht einen seiner vier Distanzwürfe traf, insgesamt 16-mal abschließen. Die viel beworbene Flexibilität des Teams spielte Trainer Rödl bei dieser WM jedenfalls nicht aus.
Und Dennis Schröder? Der Mann, der die deutsche Mannschaft führen sollte, brachte bislang nicht mal jeden dritten Versuch im Korb unter. Dafür war er ein ums andere Mal die Schwachstelle in der deutschen Verteidigung: Schröder half den Kollegen oft zu spät, und die Dominikaner nutzten die Lücken im System ebenso aus wie zwei Tage zuvor die Franzosen. Warum Schröder zudem den letzten Wurf nicht selbst versuchte, sondern noch einmal auf Barthel passte, konnte der Bundestrainer selbst nicht nachvollziehen. Einen Vorwurf wollte er seinem Starspieler deswegen aber nicht machen.
»Wir werden das in Ruhe analysieren«, versprach DBB-Präsident Weiss, wandte aber zugleich ein: »Wir werden dabei feststellen, dass wir gute Spieler haben. Die können auf Topniveau mitreden.« Das hatte er schon vor dem Turnier behauptet. An Trainer Rödl will er auch festhalten: »Da gibt es keine Diskussion.« Ob das Team aus den Enttäuschungen überhaupt Lehren ziehen will, ist also völlig ungewiss. Am Dienstag klang in Shenzhen alles verdächtig nach Joachim Löw beim WM-Aus der Fußballer in Russland: Beim nächsten Mal wird es schon wieder besser werden.
Das Problem ist, dass dieses nächste Mal für die Basketballer schon recht schnell kommt: am Donnerstag mit der letzten Vorrundenpartie gegen Jordanien. Mit einer weiteren Niederlage wird selbst das Erreichen eines der Olympiaqualifikationsturniere für Olympia 2020 fast unmöglich. Die Mannschaft dafür zu motivieren, werde eine schwere Aufgabe, sagte Rödl. »Die Enttäuschung ist groß. Die Ziele für diese WM waren andere, und das muss man erst mal verarbeiten. Aber ich glaube, dass alle im Team diese Qualifikation im nächsten Sommer spielen wollen.«
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