- Kommentare
- Carrie Lam
Kein echtes Angebot in Hongkong
Alexander Isele über das halbherzige Zugehen Carrie Lams auf die Protestierer
Wenn das mal nicht zu spät ist. Die Ankündigung von Regierungschefin Carrie Lam, das Auslieferungsgesetz aus dem Gesetzgebungsverfahren zurückzuziehen, dürfte kaum zur Befriedigung des Konflikts in Hongkong führen. Zu sehr hat sich die Eskalation der vergangenen drei Monate vom direkten Anlass der Proteste entfernt. Zu sehr hat Lam mit ihrer Weigerung, den Entwurf aus dem Gesetzgebungsverfahren zurückzuziehen, anstatt es auf Befehl Pekings nur auf Eis zu legen, offengelegt, wer in Hongkong das Sagen hat.
Müßig, darüber zu spekulieren, ob dieser Schritt im Juli zum Abflauen der Proteste geführt hätte. Nun prägen die Radikalen unter den Demonstranten die Proteste, wenn auch weithin unterstützt aus der Bevölkerung. Und deren Forderungen gehen weit über das Auslieferungsgesetz hinaus. Sie suchen den Konflikt mit Peking, wollen jeglichen Einfluss Chinas aus der Sonderverwaltungszone zurückdrängen. Mit Lam als Gegenspielerin haben sie es leicht, die Regierung in Hongkong als langen Arm Pekings darzustellen. Die Regierungschefin verspricht zwar, mit den Demonstranten ins Gespräch kommen zu wollen. Ihre Weigerung aber, die Polizeigewalt unabhängig untersuchen zu lassen - wobei auch die Gewalt von Seiten der Protestierer aufgearbeitet hätte werden können - macht sie für die Demonstranten unglaubwürdig. Mit Carrie Lam an der Spitze Hongkongs gehen die Proteste weiter.
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.