- Kommentare
- Merkel in China
Kein Verschlucken in Fernost
Alexander Isele über Angela Merkels China-Besuch
Die Krise in Hongkong, der Handelsstreit mit den USA, die sich eintrübende Weltwirtschaft: Angela Merkels China-Reise samt Frühstück mit Ministerpräsident Li Keqiang und Abendessen mit Präsident Xi Xinping drohte zur schweren Kost zu werden. Als erste Staatschefin aus dem Westen seit Beginn der Massenproteste in Hongkong waren die Erwartungen an Merkels Besuch in Peking hoch. Dort wird Deutschland noch immer übelgenommen, im vergangenen Jahr zwei Demokratieaktivisten aus Hongkong politisches Asyl gewährt zu haben. Dass Merkel die Unruhen in der Sonderverwaltungszone auf der Pressekonferenz ansprach und so Keqiang zwang, sich als bisher höchster Repräsentant Chinas öffentlich dazu zu äußern, hat niemand in den falschen Hals bekommen.
Merkels Einwände, die Regierung in Hongkong sollte das vertraglich festgehaltene »Ein Land, zwei Systeme« respektieren und auch den Dialog mit den Demonstranten suchen, ist so schwach formuliert, dass sich in Peking niemand daran verschluckt. Die gegenseitigen Wirtschaftsinteressen stehen darüber, im von US-Präsident Donald Trump immer weiter verschärften Handelsstreit stehen beide auf der gleichen Seite. Deutsche Unternehmen haben weiterhin Interesse an Geschäften in China, viele von ihnen sind mittlerweile auf den chinesischen Markt angewiesen. Aber auch chinesische Unternehmen wollen weiter in die EU und nach Deutschland expandieren. Im Windschatten von Merkel wurden wieder zahlreiche Kooperationsabkommen abgeschlossen. Keqiang nannte die Partnerschaft mit Deutschland so auch eine »besonders wichtige in komplizierten und unsicheren Zeiten«. Für die Wirtschaft ist Merkels Besuch ein Festschmaus.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.