Folgenarme Misshandlung

Burbach: Milde Urteile nach Gewalt gegen Geflüchtete

  • Sebastian Weiermann
  • Lesedauer: 2 Min.

Nach Misshandlungen von Geflüchteten in einer Unterkunft in Burbach laufen seit fast einem Jahr Prozesse. Die bisherigen Urteile fallen mild aus.

Doch beginnen wir mit einem Blick ins Jahr 2013. Nach jahrelang niedrigen Zahlen von Menschen, die nach Deutschland flüchteten, erhöhte sich die Zahl langsam und stetig. In den Jahren zuvor abgebaute Unterbringungskapazitäten mussten wieder aufgebaut werden. Oftmals erfolgte das nach einem simplen Prinzip: Das Bundesland stellt die Infrastruktur, der Betrieb selbst wird von privaten Unternehmen übernommen. Die Ausschreibungen gewann der günstigste Anbieter. Das war in vielen Fällen das Essener Unternehmen »European Homecare« (EHC). So auch in Burbach, wo im Jahr 2013 eine Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete in der alten Siegerlandkaserne eröffnet wurde.

Ein Problem mit dem Billigbetreiber war: Das Personal war nicht fachkundig und schon früh gab es Berichte über vorbestrafte Sicherheitsmänner. Zum handfesten Skandal wuchsen sich Berichte aus der Einrichtung im Herbst des Jahres 2014 aus. Geflüchtete, die in der Einrichtung untergebracht waren, wurden massiv schikaniert, gedemütigt und ihnen wurde Gewalt angetan. Wer sich nicht an die Hausregeln hielt und rauchte oder Alkohol trank, kam in ein »Problemzimmer« und war dort Willkür ausgesetzt. Für einen Aufschrei sorgte ein Video aus einem dieser Problemzimmer. Es zeigt einen Mann, der gefesselt am Boden liegt, mit einem Schuh im Nacken. Das Gespräch, das auf dem Video zu hören ist, ist verstörend: »Warum schlagst du mir?«, fragt der am Bodenliegende. Die Wachleute antworten: »Willst du noch eine haben?«, »Soll ich dir in die Fresse treten, oder was? Dann brauch’ ich dich nicht zu schlagen« und »Leg dich hin in deine Kotze und schlaf’!« Unhaltbare Zustände, die nur durch den breiten medialen Aufschrei Aufmerksamkeit erhielten. Das Land Nordrhein-Westfalen reagierte, entzog »European Homecare« den Auftrag für Burbach und formulierte Mindestanforderungen für die Beschäftigten in Flüchtlingsunterkünften.

Seit November vergangenen Jahres haben die Misshandlungen von Burbach auch ein juristisches Nachspiel vor dem Landgericht Siegen. Zunächst wurden 38 Personen, darunter der Heimleiter und zwei Beschäftigte der Bezirksregierung Arnsberg, angeklagt. Der Prozess gestaltet sich langatmig, vieles ist widersprüchlich. Die einen Angeklagten berichten von vielen Konflikten, andere von einem harmonischen Zusammenleben in der Unterkunft. Einzelne Verfahren wurden nach Schuldeingeständnissen abgetrennt. Der ehemalige Heimleiter erhielt gerade einmal eine 15-monatige Bewährungs- und eine Geldstrafe. Ein ähnlich mildes Strafmaß wählte das Gericht auch für andere Beteiligte. In den Fällen, über die am Montag verhandelt wurde, erging jedoch noch kein Urteil.

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