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Papua protestiert
30 Tote und 70 Verletzte bei Unruhen in der indonesischen Inselprovinz / 6000 Soldaten sollen Lage befrieden
Auf den Handyvideos, die es in die Nachrichten des australischen Fernsehsenders ABC schafften, sind Schüsse zu hören. Bereits Mitte August kam es in den indonesischen Provinzen Papua und West-Papua zu den größten Proteste der indigen Bevölkerung gegen die indonesischen Zentralregierung seit Jahren. Ein mutmaßlicher Vorfall von Rassismus ließ am Montag die Gewalt nach einer kurzen Ruhephase neu ausbrechen. Es gab abermals Tote und Verletzte.
6000 zusätzliche Soldaten hat Indonesien seit den jüngsten Protesten in der Region zusammengezogen. Gemeinsam mit der Polizei versuchten diese, der erneut eskalierten Situation Herr zu werden. Brennpunkt war diesmal die Stadt Wamena. Dort setzten aufgebrachte Teilnehmer einer zunächst friedlichen Protestaktion ein Regierungsgebäude sowie mehrere Läden und Fahrzeuge in Brand. Der Flughafen von Wamena, der pro Tag 120 Flüge zählt, musste temporär seinen Betrieb einstellen, weil es dort ebenfalls brannte. Auch in Jayapura, der Provinzmetropole Papuas, sowie dem Vorort Waena kam es zu Unruhen. Die Bilanz des Tages verzeichnet 30 Tote und 70 Verletzte.
Am Montagabend nannte Oberst Eko Daryanto, der Sprecher des indonesischen Militärs in der Provinz, der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua zunächst eine deutlich geringere Anzahl. Doch allein in Wamena gab es 26 Tote und 65 Verletzte. Unter den vier Todesopfern in Waena sei auch ein Soldat. Zudem seien dort fünf Angehörige einer mobilen Polizeieinheit verletzt worden. Die meisten Toten wurden nach Aussage Daryantos in den brennenden Gebäuden gefunden. Drei Demonstranten wurden offenbar erschossen.
Auslöser dieser neuen Eskalation sollen rassistische Bemerkungen eines Oberschullehrers gewesen sein. Die Polizei ließ allerdings verlauten, dies wäre eine Falschmeldung. Verifizierbar ist derzeit keine der Behauptungen. Aus Papua stammende Studierende in indonesischen Großstädten hatten sich aber schon über Titulierungen wie »Affen« beschwert.
Papua und West-Papua unterscheiden sich ethnisch-kulturell deutlich vom Rest Indonesiens. Sie gehören zu einer Insel, die schon zu Kolonialzeiten geteilt war. Während der größere östliche Teil kurzzeitig von Deutschland kontrolliert wurde, dann zu den Briten kam und schließlich als Papua-Neuguinea seine Eigenständigkeit erlangte, war der westliche Teil wie der Rest des Archipels Teil des holländischen Kolonialgebietes. Unter niederländischer Herrschaft verblieb diese Teilregion zunächst auch, als 1949 die indonesische Unabhängigkeitsbewegung siegte. Eigentlich liefen die Vorbereitungen für ein eigenes Staatsgebilde. Doch 1969, nach einem umstrittenen und mutmaßlich vom indonesischen Militär manipulierten Referendum, kam das seinerzeit noch ungeteilte Papua unter die Kontrolle Jakartas. Separatistische Bestrebungen flammten seither immer wieder auf, auch in jüngerer Zeit gab es in mehreren Dörfern Zusammenstöße zwischen Rebellen der West Papua Liberation Army und Soldaten der indonesischen Armee, die Zehntausende Menschen im Bezirk Nduga zu Flüchtlingen machten.
Dass Indonesien ausländischen Berichterstattern schon länger den Zugang zu Papua weitgehend verwehrt, macht es noch schwieriger, Nachrichten aus dem Unruhegebiet unabhängig zu verifizieren. Die Mitte August begonnene Protestwelle traf Jakarta in dieser Intensität und Form unvorbereitet. Derzeit sind es nicht altgediente Separatisten, die die Bewegung anführen, sondern aufgebrachte Studenten und andere »normale Bürger«, die gegen eine empfundene Besatzungsmacht aufbegehren. 6000 Soldaten hatten Präsident Joko Widodo und sein Kabinett zur Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung in Marsch gesetzt, zeitweise das Internet abgeschaltet. Lange hielt die Ruhe nicht.
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