»Carlos« ist wieder kommunal

Gewobag kauft fast 6000 Wohnungen in Berlin für 920 Millionen Euro zurück

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

»Die Investition der Gewobag ist für das Land ein Gewinn. Das dient dem Ziel, die Mieten in Berlin stabil zu halten und den Mieterinnen und Mietern Sicherheit zu geben«, sagt der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD). Der Anlass: Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gewobag kauft 5894 Wohnungen und 70 Gewerbeeinheiten in Reinickendorf und Spandau zurück - für stattliche 920 Millionen Euro. Öffentlich verkündet wurde das Geschäft am späten Donnerstagabend.

Der ausschließlich in Berlin tätige Verkäufer, der Wohnungskonzern ADO Properties SA, hat damit seinen Bestand um fast ein Drittel reduziert. Ende 2018 nannte sie etwas über 22 000 Wohneinheiten ihr eigen. »Der Verkauf dieses Portfolios entspricht der Wertschöpfungsstrategie der Gesellschaft, zu der nicht nur der Erwerb von wertsteigernden Immobilien und Portfolios gehört, sondern auch der selektive Verkauf von Objekten, wenn sich die Gelegenheit zu für die Gesellschaft vorteilhaften Bedingungen bietet«, erklärt Ran Laufer, Chief Executive Officer der Gesellschaft.

Für ADO hat sich das Geschäft offensichtlich gelohnt. Erworben hatte der Konzern den »Carlos Portfolio« genannten Bestand im April 2015 von der Deutsche Wohnen - für damals 375 Millionen Euro. Nach etwas über viereinhalb Jahren stößt ADO das Paket, das knapp zur Hälfte aus Sozialwohnungen besteht, nun zum 1. Dezember für fast den zweieinhalbfachen Wert ab. Bis 2004, bis zum Verkauf der GSW mit knapp 66 000 Wohneinheiten für rund zwei Milliarden Euro durch den damaligen rot-roten Senat, gehörten auch diese dem Land Berlin. Rechnerisch wechselten die nun zurückgekauften Wohnungen 2004 für etwa 180 Millionen Euro den Besitzer.

Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (LINKE) scheint das durchaus bewusst, wenn sie sagt: »Die Fehler, die in der Vergangenheit mit dem Verkauf dieser Bestände gemacht wurden, können wir nicht rückgängig machen, wohl aber den Mieterinnen und Mietern die Sicherheit zurückgeben, die sie durch die zwischenzeitliche Privatisierung verloren hatten.« Ein bisschen Stolz schwingt dennoch bei ihr mit: »Mit dem Erwerb von knapp 6000 Wohneinheiten schließen wir heute den größten Rekommunalisierungsankauf in der Geschichte Berlins ab.«

»Selektiver Zukauf ergibt insbesondere dort Sinn, wo Sozialwohnungen bestehen oder bestanden und dauerhaft Wohnen zu preiswerten Mieten gesichert werden kann«, erklärt Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD). Als »erfreulich« bezeichnet er, »dass ein solcher Erwerb zugunsten der öffentlichen Hand auch ohne öffentliche Mittel auskommt«.

Die Opposition schäumt. »Der Kauf von 6000 Wohnungen in Reinickendorf und Spandau ist bei der momentanen Höhe der Immobilienpreise der völlig falsche Weg«, sagt Sibylle Meister, Haushaltsexpertin der FDP im Abgeordnetenhaus. »Billig verkauft, teuer zurückgekauft«, kommentiert CDU-Wohnungspolitiker Christian Gräff. Seine Fraktion werde auch der Frage nachgehen, warum vor wenigen Jahren der damalige SPD-Staatssekretär und jetzige Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup noch ein Rückkaufangebot für jene 375 Millionen Euro, zu denen ADO 2015 zugriff, abgelehnt hatte.

Lars Leschewitz, Vorsitzender der Linksfraktion Spandau, begrüßt dagegen die Nachricht: »Es ist ein sehr gutes Zeichen für Spandau und eine dringend notwendige Stütze für die Menschen im Bezirk.«

»Mit der Rekommunalisierung der Wohnungen hält die LINKE, was sie verspricht«, erklärt die Spandauer Bundestagsabgeordnete Helin Evrim Sommer (LINKE). »Als nächsten Schritt würde ich mir wünschen, dass der Senat und die städtischen Wohnungsbaugesellschaften endlich den bereits beschlossenen Rückkauf von Wohnungen im Falkenhagener Feld angehen«, so Sommer weiter.

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