Strache tritt von der Politbühne ab

Der rechte Skandalpolitiker von der FPÖ geht in Österreich, bevor er gegangen wird

  • Johannes Greß, Wien
  • Lesedauer: 4 Min.

Nächstes Jahr stehen in Wien Landtagswahlen an. Die Landeshauptstadt ist die politische Heimat von Heinz-Christian Strache, hier wurde der Bezirksrat zum blauen Macher. Gerade in der Wiener FPÖ genießt Strache den meisten Rückhalt. Gerüchte, er wolle eine eigene Liste starten, dementierte Strache am Dienstag umgehend. Er wolle sich - das kam überraschend - vollständig aus der Politik zurückziehen.

Straches Rücktritt am Dienstagvormittag kam nicht aus heiterem Himmel. Nachdem sich in der Vergangenheit innerparteiliche Kritik häuften und seine Partei bei den Nationalratswahlen am Sonntag zehn Prozentpunkte einbüßte, kam seine Entscheidung nicht überraschend. Strache, der langjährige Erfolgsgarant der Freiheitlichen, gab ihn bei einer eigens einberufenen Pressekonferenz bekannt - und kam dadurch wohl einem Ausschluss durch seine eigene Partei zuvor. Diese sollte nur wenige Stunden später über den unliebsam gewordenen Strache und dessen Zukunft beraten.

Eigentlich lief alles nach Plan. Strache war da, wo er immer hin wollte. Seit Dezember 2017 war er Vizekanzler der Bundesrepublik Österreich. Die Umfragen waren trotz wöchentlicher »Einzelfälle« und lautstarker Kritik der Opposition gut. Mit dem FPÖ-Innenminister Herbert Kickl bastelte Strache munter daran, die Republik und das politische System nach den Bedürfnissen der Freiheitlichen zu gestalten.

Und dann kam Ibiza. Im Mai veröffentlichte die »Süddeutsche Zeitung« und das Magazin »Der Spiegel« ein Video, das Strache und Parteikollegen Johann Gudenus mit einer vermeintlichen Oligarchennichte in einer Villa in Ibiza zeigen, wie sie - kurz gesagt - damit prahlen, wie käuflich Medien und Politik in Österreich doch seien. Johann Gudenus zog sich umgehend aus Partei und Politik zurück. Strache blieb, schon damals nicht zur Freude aller Parteikollegen. In Folge des Ibiza-Skandals ging die Regierung in die Brüche, für 29. September wurden Neuwahlen ausgerufen.

Gut eine Woche vor der Nationalratswahl wurden nun Vorwürfe laut, Strache bekomme von der Wiener Landes-FPÖ monatlich ein Spesenkonto von 10 000 Euro zur Verfügung gestellt und er erhalte zusätzlich 2500 Euro »Mietzuschuss« pro Monat. Auch diverse Privatausgaben soll Strache laut den Vorwürfen über seine Partei verrechnet haben. Für die Partei, die sich gerne für den »kleinen Mann« starkmacht und gegen vermeintlich »korrupte Eliten« vorgeht, eine denkbar ungünstige Symbolik. Zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt.

Ibiza, die Spesenaffäre und eine FPÖ, die am Sonntag von 26 auf 16 Prozent abstürzte, waren auch für Strache zu viel. Bereits vor dem Wahldebakel am Sonntag wurden aus der FPÖ Stimmen laut, man könne sich auch eine Zukunft ohne Strache ganz gut vorstellen. Bevor es aber so weit kommen konnte, gab Strache nun selbst seinen Rücktritt bekannt. Nicht ohne seine Unschuld zu beteuern und die »feige Verborgenheit« und die unmoralischen Verleumdungskampagnen gegen seine Person zu bekritteln.

Eines ist fix: Die Streitereien hätten für die FPÖ deutlich bitterer enden können. Schon einmal hatte sich die FPÖ nach einem internen Richtungsstreit gespalten. Jörg Haider und sämtliche FPÖ-Regierungsmitglieder gründeten 2005 nach heftigen Auseinandersetzungen mit dem Strache-Lager das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ). Im Jahr darauf übernahm Strache das Ruder in der Rest-FPÖ. Und der gelernte Zahntechniker holte die FPÖ mit einer Mischung aus Charisma, Hedonismus und professionalisierter Öffentlichkeitsarbeit prompt aus der politischen Bedeutungslosigkeit zurück.

In der Bundes-FPÖ ist eine Zukunft ohne Strache wohl für viele ein Segen. Eine glaubhafte Politik war mit ihm kaum mehr drin. Das lag weniger an Straches Kontakten zum rechtsextremen Milieu oder seinen »Jugendsünden« wie die Teilnahme an »Wehrsportübungen«, sondern an seiner offensichtlicher Bereitschaft, sich auf Kosten anderer zu bereichern. Auch auf Kosten seiner eigenen Partei. Spurlos wird sein Abgang dennoch nicht an der Partei vorbei gehen. Zu zahlreich sind die Strache-Jünger in der eigenen Partei und unter den FPÖ-Wähler und -wählerinnen. Innerhalb der FPÖ will man sich nach der Schlappe vom Sonntag neu aufstellen. »Hätte Strache nach Ibiza das Gleiche getan wie Johann Gudenus, wäre uns das erspart geblieben«, kommentierte der niederösterreichische FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl die Situation.

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