Da geht was miteinander

Sondierungen von CDU, Grünen und SPD in Sachsen beendet.

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 4 Min.

Jens Hausners Kommentar fällt kurz, aber deutlich aus: DANKE!, schreibt der Sprecher der Initiative »Pro Pödelwitz« an den grünen Landtagsabgeordneten Gerd Lippold. Dieser hatte zu einem Sondierungsteam der Partei gehört, das drei Wochen mit Delegationen von CDU und SPD die Möglichkeiten für eine erste Koalition der Parteien in Sachsen sondierte. Nun liegt ein 14-seitiges Papier mit Ergebnissen vor. Aus Sicht von Hausner, dessen 700 Jahre altes Dorf im Süden von Leipzig von den Baggern des Braunkohleförderers Mibrag bedroht ist, lautet der entscheidende Satz: »Die Parteien möchten den Ort Pödelwitz erhalten.« In Hausner, darf man vermuten, hat eine mögliche »Kenia-Koalition« einen Fan gewonnen.

Freilich: Noch ist es längst nicht besiegelt, ein Koalitionsvertrag nicht ausgehandelt. Zunächst ging es darum, grundsätzlich zu klären, ob die drei Parteien überhaupt miteinander können. Bei CDU und SPD gab es diesbezüglich keine Zweifel. Beide haben seit 2014 ohne größere Krisen regiert. Die Landeschefs Michael Kretschmer und Martin Dulig, die als Ministerpräsident und dessen Stellvertreter am Kabinettstisch saßen, erklärten stets, dass sie das Bündnis fortführen wollen. In der SPD gab es trotz des Wahldebakels von 7,7 Prozent keinen Widerspruch.

Weil aber auch die CDU auf 32,1 Prozent gefallen ist, braucht es zur Mehrheit einen Dritten: die auf 8,6 Prozent erstarkten Grünen. Allerdings war das Verhältnis zwischen CDU und Grünen im Land bisher von Animositäten geprägt. So galt es zunächst herauszufinden, ob die Protagonisten beider Parteien überhaupt einen Draht zueinander finden. Das gelang per Symbolik: In der zweiten Gesprächsrunde tischten die für die Verpflegung zuständigen Grünen der CDU einen Mett-Igel auf, was als selbstironischer Hinweis verstanden werden durfte, dass die einstige »Veggie-Day«-Partei durchaus auch anderen ihre Vorlieben gönnt. Botschaft: Da geht etwas miteinander.

Das betonten auch die Verhandlungsführer. Es gebe eine »tragfähige Basis für Koalitionsverhandlungen«, sagte Dulig: Ein »neuer Stil« in der sächsischen Politik sei möglich. Katja Meier, Spitzenkandidatin der Grünen, sagte, man sei sich bei den Zielen »in vielem einig«. Kretschmer erklärte, man wolle eine »stabile und handlungsfähige Regierung bilden« - was gut denkbar erscheint: Alle Unterhändler empfehlen den Parteien, Koalitionsverhandlungen zuzustimmen. Bei CDU und SPD entscheiden am Freitag die Parteivorstände, bei den Grünen ein Parteitag am kommenden Samstag in Leipzig.

Bis dahin dürften die Mitglieder der Parteien genau prüfen, worauf sich die Unterhändler bisher einigen konnten - und worauf ausdrücklich nicht. Im Papier finden sich Bekenntnisse zur Daseinsvorsorge im ländlichen Raum, zum Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und zur Gemeinschaftsschule: Man wolle »einen Weg erarbeiten«, um das Anliegen eines entsprechenden Volksantrags »in das leistungsfähige sächsische Schulsystem zu integrieren«. Eine Initiative hatte dafür über 50 000 Unterschriften gesammelt. Sie erklärte nun, man sei den Unterstützern »sehr dankbar, dass sie diesen Druck ermöglicht haben«, behalte aber »einen gesunden Rest Skepsis« mit Blick auf einen Koalitionsvertrag.

Allerdings benennt das Sondierungspapier in aller Klarheit die vielen harten Nüsse, die auf dem Weg zu einer Koalition noch zu knacken sind. Differenzen gibt es bei Vergabe- wie Integrations- und Parité-Gesetz; bei der Kennzeichnungspflicht für Polizisten oder einer nochmaligen Erweiterung von Ermittlungsbefugnissen der Polizei; bei der Residenzpflicht für Asylbewerber und der Aufnahme des Klimaschutzes als Staatsziel in die Verfassung. Strittig ist zudem die Frage der Beitragsfreiheit in Kitas. Unterschiedliche Positionen gibt es zu Nachtflugverboten, zum Baumschutz oder der Frage, wie EU-Recht zum Thema Wölfe im Freistaat umgesetzt wird. An der grünen Basis sorgt zudem die Formulierung für Diskussionen, wonach »der Kohlekompromiss gilt« - und zwar, wie Kretschmer hervorhob, »mit dem Ausstieg bis 2038«. Die Grünen sagen bisher, das Ende der Kohleverstromung könne auch früher erfolgen. Auch zu Pödelwitz gibt es einen relativierenden Satz: Mit dem Kohleförderer solle »nach einem rechtssicheren Weg gesucht« werden, der den Erhalt des Dorfes wie den Betrieb des Kraftwerks Lippendorf sichert.

Kein Wunder, dass die Grüne Katja Meier betont, es liege »noch ein weiter Weg« vor den potenziellen Partnern. Statt um Mett-Igel dürfte es bald um andere Tiere gehen: Kröten, die man zu schlucken bereit ist oder nicht.

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