- Politik
- Treibstoffpreiserhöhung
Ecuadors Regierung flieht vor Protesten
Präsident Lenín Moreno ist mit weiteren Abgeordneten von Quito in die Hafenstadt Guayaquil gezogen
Quito. Ecuadors Präsident Lenín Moreno hat seinen Vorgänger Rafael Correa und Venezuelas Präsidenten Nicolás Maduro beschuldigt, einen Staatsstreich gegen seine Regierung voranzutreiben. »Maduro und Correa haben ihren Destabilisierungsplan in Gang gesetzt«, sagte Moreno in einer Fernsehansprache am Montagabend (Ortszeit). Die Plünderungen und der Vandalismus bei der Protestwelle der letzten Tage gegen die Erhöhung der Benzinpreise bewiesen, dass es sich um ein Bestreben zur Zerstörung der demokratischen Staatsordnung handele.
Moreno teilte mit, dass er seine Regierung von Quito nach Guayaquil verlegt habe. Die Konföderation der Indigenen Völker (CONAIE) hat zu einem großen Marsch nach Quito aufgerufen. In der ecuadorianischen Hauptstadt wird am Dienstag die Ankunft von rund 20.000 Demonstranten indigener Völker erwartet, die gegen die Erhöhung der Treibstoffpreise und die Erdölförderung in ihren Gebieten protestieren. Außerdem ist einem Bericht der Lateinamerika Nachrichten zufolge für den 9. Oktober ein landesweiter Streik von Gewerkschaften geplant.
Demonstranten setzen Gewalt ein
Erste Gruppen drangen bereits am Montagabend in Quito ein. Sie setzten ein gepanzertes Gefährt der Sicherheitskräfte in Brand, wie der Fernsehsender Ecuavisa zeigte. Auch ein Polzeirevier wurde nach Angaben der Innenministerin María Paula Romo in der Nacht zum Dienstag von Demonstranten in Brand gesetzt. Zudem umringten die Demonstranten in Quito das Kongressgebäude.
Bei den Protesten gegen gestiegene Treibstoffpreise haben Demonstranten außerdem drei Erdölförderanlagen besetzt. Die Produktion an den Standorten im Amazonas-Gebiet musste deswegen am Montag gestoppt werden, wie das Energieministerium des südamerikanischen Staates mitteilte. An den drei Anlagen werden normalerweise zwölf Prozent des ecuadorianischen Erdöls gefördert.
In der Provinz Cotopaxi, im Zentrum Ecuadors, wurden eine Molkerei und 17 Blumengärtnereien geplündert. Rund 50 Militärs und Polizisten wurden von indigenen Gruppen in der Nachbarprovinz Chimborazo festgehalten, wie die Zeitung »El Comercio« berichtete. Demonstranten besetzten den Regierungssitz der Provinz Bolívar. Drei Erdölfelder des staatlichen Unternehmens Petroamazonas wurden ebenfalls besetzt und lahmgelegt, wie das Energieministerium mitteilte.
Der Unterricht wurde an allen Schulen Ecuadors für Dienstag ausgesetzt. Die Regierung hat für 60 Tage den Ausnahmezustand verhängt. Das Verfassungsgericht billigte am Montag den Ausnahmezustand, befristete ihn aber auf 30 Tage.
Lesen sie auch: Lenín spielt mit dem Feuer. Martin Ling über den Ausnahmezustand in Ecuador
»Moreno ist fertig, wie es jedem Verräter früher oder später geschieht«, schrieb Correa am Montagabend auf Twitter. Der Ex-Präsident (2007-2017) forderte Neuwahlen. Moreno war von 2007 bis 2013 Vizepräsident Correas gewesen. Nach seiner Wahl 2017 nahm Moreno Abstand von Correa und bezichtigte seinen Vorgänger der Korruption. Correa lebt seit der Amtsübergabe in Belgien.
Die Demonstranten machen Moreno für den Anstieg der Preise verantwortlich, da er im März ein Abkommen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) abgeschlossen hatte. Ecuador sicherte sich damit IWF-Kredite im Umfang von 4,2 Milliarden Dollar (gut 3,8 Milliarden Euro). Im Gegenzug wurde Morenos Regierung zur Auflage gemacht, die staatlichen Subventionen für Kraftstoff zu senken und Strukturreformen durchzuführen. Während Correa regierte, ignorierte Ecuador die Forderungen des IWF und ging viele Abkommen mit China ein. Agenturen/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.