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Der Chemiepreis ging an Entwickler von Lithiumionen-Batterien.
Batterien sind heute allgegenwärtig. Viele davon - etwa in Fernbedienungen oder Taschenlampen - beruhen noch auf Technologien aus dem 19. Jahrhundert. Doch die zahllosen Smartphones, Tablets von heute ließen sich mit jenen Batterien kaum sinnvoll betreiben. Der Durchbruch der wiederaufladbaren Batterien bei der mobilen Kommunikation ebenso wie im Autobau ist untrennbar mit einem neuen Batteriesystem verbunden: den Lithiumionen-Batterien.
Drei Wissenschaftler, die an der Entwicklung dieser Batterien entscheidend Anteil hatten, werden in diesem Jahr mit dem Chemie-Nobelpreis geehrt: John Goodenough aus den USA, Stanley Whittingham aus Großbritannien und Akira Yoshino aus Japan. In der Begründung der Königlichen Akademie der Wissenschaften Schwedens zu der Entscheidung am Mittwoch heißt es, die Batterien hätten »unser Leben revolutioniert, seit sie 1991 erstmals auf den Markt kamen. Sie haben die Grundlage gelegt für eine drahtlose, von fossilen Brennstoffen freie Gesellschaft und sind für die Menschheit von größtem Nutzen.«
Goodenough, der 1922 in Jena als Sohn US-amerikanischer Eltern zur Welt kam, ist mit 97 Jahren der älteste Nobelpreisträger überhaupt. Er erfuhr erst verspätet von seiner Auszeichnung, da ihn das Nobelpreiskomitee am Morgen telefonisch nicht erreichen konnte, wie Göran Hansson, der Generalsekretär der Königlich-Schwedischen Akademie der Wissenschaften, bei der Bekanntgabe der Preisträger in Stockholm sagte.
Die Beiträge der drei Preisträger bauen aufeinander auf. Whittingham entwickelte in den 1970er Jahren die erste funktionsfähige Lithiumionen-Batterie, die allerdings noch metallisches Lithium in einer der beiden Elektroden benutzte. Bei der anderen Elektrode setzte Whittingham auf ein Material mit Schichtstruktur. Das sollte die Elektronen aufnehmen und zugleich die Lithiumionen leicht aufnehmen und auch wieder abgeben können. Seine Lösung war das elektrisch leitende Titandisulfid. Auch bei Goodenough bestand eine Elektrode anfangs noch aus metallischem Lithium. Bei der anderen allerdings setzte er 1980 auf Kobaltoxid. Damit erreichte er Batterien mit einer doppelt so hohen Spannung. Dieses Kathodenmaterial wird auch heute noch überwiegend genutzt, auch wenn man sich wegen der problematischen Bedingungen beim Kobaltabbau bemüht, das Kobalt zu ersetzen.
Die metallische Elektrode wies allerdings einen Nachteil auf der schon von Zinkbatterien bekannt war, wenn man diese aufzuladen versuchte: Das Metall lagerte sich beim Aufladen immer mal wieder in bäumchenartigen Strukturen (Dendriten) an, die bis zur anderen Elektrode wuchsen. Ein Kurzschluss mit feurigem Finale war die Folge.
Zwar machte schon Goodenough erste Versuche, die Lithiumanode durch Vanadiumdioxid mit eingelagertem Lithium zu ersetzen, doch erst Yoshino kam 1985 mit einem graphitähnlichen Elektrodenmaterial, dem sogenannten Petrolkoks, zum Erfolg. Dieser geschichtete Kohlenstoff kann Lithium speichern und erlaubte robustere Akkus. Es dauerte aber noch weitere sechs Jahre, um daraus ein Massenprodukt zu machen. 1991 kamen die ersten Batterien dieses Typs auf den Markt. Ganz ohne Tücke sind Lithiumionen-Batterien auch heute noch nicht, wie Akkubrände in einzelnen Smartphones, bei einer Boeing 787 oder in E-Bikes zeigen.
Das Grundprinzip von Batterien, seien sie wiederaufladbar oder nicht, ist seit Jahrhunderten bekannt. Chemische Energie wird in elektrische umgewandelt. Alessandro Volta legte mit einer Salzlösung getränkte Pappen zwischen Kupfer- und Zinkplatten. Das unedlere Zink gibt dabei Elektronen ab, Kupfer nimmt sie auf. Schließt man ein Strom verbrauchendes Gerät an die beiden Metallelektroden an, fließen Elektronen durch das Gerät, während in der Batteriezelle Ionen von einem Pol zum anderen wandern. Zink findet sich noch heute als Elektrode in Zink-Kohle-Batterien oder in sogenannten Alkaline-Batterien. Dabei wird das metallische Zink nach und nach in Zinksalze umgewandelt - die Batterie entlädt sich. Diese Batterien lassen sich nicht ohne Weiteres wieder aufladen.
Bei den altbekannten Blei-Schwefelsäure-Akkus oder den jüngeren Nickel-Metallhydrid-Akkus hingegen lässt sich der Vorgang umkehren, so dass sie wieder aufgeladen werden können. Diese beiden Akkutypen haben allerdings mehrere Nachteile: Sie sind schwer - Blei und Nickel sind Schwermetalle - und enthalten giftige Bestandteile. Die Nickel-Metallhydrid-Akkus neigen überdies zur Selbstentladung, wie Gelegenheitsnutzer älterer Geräte mit solchen Akkus wissen.
Lithium hingegen ist nicht nur das leichteste Metall, was hohe Energiedichten erlaubt, es ist auch das unedelste. Seine große Bereitschaft, ein Elektron abzugeben, erlaubt theoretisch höhere Spannungen als bei anderen Metallen. Allerdings bringt seine Reaktionsfreudigkeit mit sich, dass metallisches Lithium heftig mit Luft und Wasser reagiert.
Obwohl Yoshinos Forschung der kommerziellen Verwertung am nächsten kam, antwortete der Forscher einem chinesischen Journalisten auf die Frage nach seiner Motivation: Neugier. Und wenn man die nach wie vor beachtliche Produktivität des 97-jährigen Goodenough sieht - er forscht an robusteren Nachfolgern der Lithiumionen-Batterien und war allein in diesem Jahr an neun Veröffentlichungen in renommierten Fachjournalen beteiligt - ist die Neugier in der Wissenschaft offensichtlich eine stärkere Triebkraft als Karrierestreben oder Geld. »Ich will das Problem noch lösen, bevor ich alles hinschmeiße«, sagt Goodenough. Sein Alter habe da einen Vorteil: »Man macht sich keine Sorgen mehr, seinen Job zu verlieren.«
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