- Kommentare
- Rechtsextremismus
Gamende Pappkameraden
Fabian Hillebrand über Seehofers Konsequenzen aus dem Anschlag in Halle
Nicht der Polizei, nicht dem Verfassungsschutz ist es zu verdanken, dass es in Halle nicht zum Schlimmsten kam. Nur eine stabile Tür hat die Menschen in der Synagoge vor dem Attentäter geschützt. Sonst wäre es zum größten Angriff auf Juden in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg gekommen. Dass es nicht so kam, ist ein großes Glück, auf das man kein weiteres Mal vertrauen darf. Umso richtiger ist es, endlich Konsequenzen folgen zu lassen. Umso fataler, was Innenminister Horst Seehofer als solche begreift.
Der auf dem rechten Auge blinde Verfassungsschutz soll ausgebaut werden, fordert er. Und: »Wir müssen die Gamer-Szene stärker in den Blick nehmen.« Denn der Attentäter von Halle übertrug seine Tat im Internet, setzte dabei auf die Ästhetik von Ballerspielen. Das ist aber nur die äußere Form. »Ich habe Leute getötet, die ich gar nicht töten wollte«, sagte der Täter vor dem Untersuchungsrichter.
Die Entscheidung darüber, wer sterben und wer leben soll, das ist der Kern einer mörderischen faschistischen Ideologie, die wieder virulenter wird. Verbreitet wird sie auch im Sumpf der Gamercommunity. Darüber muss man sich Gedanken machen. Wie es Expertinnen wie Yasmina Banaszczuk oder Veronika Kracher tun. Die virtuelle Radikalisierung hat viel mit toxischer Männlichkeit und Antifeminismus zu tun.
Bevor Seehofer aber die Gamerszene in den Blick nimmt, sollte er dreimal das folgende Sagen: »Wir müssen deutsche Nazis stärker in den Blick nehmen.« Und dann: »Wir müssen den Verfassungsschutz abschaffen.« Alles Weitere kommt danach.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.