Gefährliche Botschaften

Der wenig souveräne Auftritt beim knappen Sieg in Piräus verschärft die Diskussionen beim FC Bayern

  • Maik Rosner
  • Lesedauer: 4 Min.

Das Bild des Spiels lieferte der Dienstagabend erst nach dem Abpfiff, was über den zittrigen 3:2 (1:1)-Sieg des FC Bayern München bei Olympiakos Piräus schon einiges erzählte. Auf Krücken mühte sich der französische Abwehrspieler Lucas Hernández nach Mitternacht vom Kabinentrakt zum Mannschaftsbus.

Dass nach Innenverteidiger Niklas Süle, der sich am vergangenen Wochenende in Augsburg einen Kreuzbandriss zugezogen hatte und voraussichtlich für den Rest der Saison ausfällt, sich nun auch sein Abwehrkollege Hernández zumindest für mehrere Wochen im Krankenstand befinden wird, stand da schon so gut wie fest, wie Sportdirektor Hasan Salihamidzic nach einer Unterredung mit Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt verkündete. Nach der verifizierten Diagnose mit bildgebenden Verfahren am Mittwoch in München, wurde bei Hernández eine Teilruptur des Innenbandes am rechten Sprunggelenk festgestellt.

Salihamidzic hatte noch am Dienstagabend die Gelegenheit genutzt, um den französischen Verband zu kritisieren, der den 23-jährigen Nationalspieler im jüngsten Länderspiel gegen das dringende Abraten des Münchner Mediziners eingesetzt hatte. »Das ärgert mich schon«, sagte Salihamidzic, »ich will keinem die Schuld geben, aber man muss Leuten wie Dr. Müller-Wohlfarth vertrauen.« Hernández war mit einer Kniereizung gegen den Willen der Bayern zur französischen Auswahl gereist - Trainer Niko Kovac allerdings hatte dessen Einsatz begrüßt. Nun gab sein Körper im Bandapparat am Sprunggelenk nach, was durchaus im Zusammenhang stehen könnte, wie Salihamidzic mit seinen Ausführungen zu verstehen gab.

Mit Benjamin Pavard und Jérôme Boateng stehen nun noch zwei hauptamtliche Innenverteidiger zur Verfügung. Der eigentlich im defensiven Mittelfeld beheimatete Javier Martínez und das Talent Lars Lukas Mai sind aber ebenso eine Alternative wie Joshua Kimmich.

Stellvertretend für das Gesamtbild des FC Bayern steht das Humpeln des 80-Millionen-Euro-Einkaufs in jedem Fall. Nicht nur für das ausgedünnte Personal in der Abwehr, sondern vor allem auch für die sportlich wiederholt wackeligen Eindrücke. »Ich glaube nicht, dass die Leistung, die wir gebracht haben, uns in diesem Jahr große Erfolge bescheren wird, wenn wir nicht die Kurve langsam kriegen«, kritisierte Karl-Heinz Rummenigge noch maßvoll, man spiele »ein bisschen zu sorglos«, dies werde »irgendwann mal zu Problemen führen«.

Tatsächlich sind die Probleme unverkennbar. 1:2 gegen Hoffenheim, 2:2 in Augsburg - das Spiel in Piräus war das fünfte in Serie und das siebte der Saison, in dem die Münchner zwei Tore kassierten. Nun von einem Gegner, der ohne seine besten Offensivkräfte auskommen musste und keine ernsthafte Herausforderung für die Bayern darstellen sollte. Dennoch ging Piräus gegen die feldüberlegenen, aber selten zwingenden Münchner nach durch Youssef El-Arabi in Führung, ehe Robert Lewandowski mit seinen Toren 17 und 18 im 13. Pflichtspiel der Saison sowie Corentin Tolisso jeweils nach Vorarbeit von Thomas Müller den Sieg herausschossen, der nach Guilhermes Anschluss noch mal kurz in Gefahr geriet.

Anders als in der Bundesliga stimmt in der Champions League zumindest der Ertrag. Nach neun Punkten aus drei Spielen ist das Achtelfinale nah, garniert vom Klubrekord, auswärts in Europa zum elften Mal in Serie nicht verloren zu haben. Doch der Gesamteindruck ist weniger verheißungsvoll. »Wir tun uns nicht leicht«, räumte Kovac ein. Die Mannschaft stehe nicht da, »wo sie sein soll«, erkannte Kapitän Manuel Neuer. »Das gemeinsame Verteidigen passt nicht, die Mannschaftsteile greifen nicht perfekt ineinander, Automatismen und Balance fehlen«, listete der Torwart auf, »man muss auch wieder den Willen haben, jeden Zweikampf zu gewinnen.«

Als Kompliment konnte Kovac auch Neuers übergeordneten Befund nicht werten: »Jeder hat schon auf einem anderen Niveau gespielt, auch zusammen.« Ähnlich kritisch sieht es Salihamidzic. Einzig positiv sei der Sieg, abgesehen davon werde man »verrückt, wenn man so ein Spiel anschaut.« Seine Bestandsaufnahme klang einigermaßen verheerend, als er fehlende Aggressivität beim Verteidigen und sowie fehlende Kontrolle, Spielfreude und Ruhe beim Angreifen diagnostizierte, das sei »schon seit einigen Spielen so«. Oder kurz: »Es muss alles besser werden.«

Da fügten sich Medienberichte ins Bild, dass RB Leipzigs Head of Development Soccer, Ralf Rangnick, beim FC Bayern als ernstzunehmende Alternative zu Kovac gesehen werde. Und ebenso, dass Neuer Freude und Ehrgeiz vermisst. »Der Ball, der schnell weitergeht zum nächsten, das muss einen mit Glück erfüllen«, sagte der Kapitän, »der Pass muss eine Message haben. Man kann nicht einfach einen Pass spielen, damit man einen Pass gespielt hat.« Vielleicht waren diese Sätze sogar die gefährlichste Botschaft für Kovac. Auch wenn Neuer damit auf die Mitspieler verwies.

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