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Verhandlung: Müssen Leiharbeiter Rassismus erdulden?
Erneuter Gerichtstermin nach Kündigung wegen Kritik an rassistischen Äußerungen bei BMW / Arbeitsgericht München hatte die Kündigung im März für unwirksam befunden
München. »Muss jemand, der weniger als sechs Monate in einem Unternehmen oder ein Leiharbeiter ist, Rassismus dulden? Das ist die entscheidende Frage«, sagt Gewerkschaftssekretärin Hedwig Krimmer von Verdi. Gestellt wird sie am (heutigen) Dienstag vor dem Landesarbeitsgericht in München, das sich mit der Berufung im Fall eines Leiharbeiters aus Sachsen befasst. Der Mann - so befand es die erste Instanz - hatte seinen Job bei der Leiharbeitsfirma Brunel verloren, nachdem er rassistische Äußerungen eines festangestellten Kollegen bei BMW kritisiert hatte.
Das Arbeitsgericht München hatte die Kündigung im März für unwirksam befunden: »Ein von rassistischen Beleidigungen geprägtes Arbeitsumfeld muss ein Arbeitnehmer nicht - auch nicht im Entleiherbetrieb - hinnehmen, auch wenn sich die rassistischen Äußerungen nicht direkt gegen ihn selbst richten«, teilte das Gericht damals mit.
Doch auch wenn das Urteil eindeutig ausfiel: Dazu, was bei BMW genau passierte, gibt es verschiedene Varianten. Krimmer, die den Leiharbeiter im Rahmen des Rechtsbeistands durch Verdi unterstützt, beschreibt die Vorgänge etwa so: Der Mann sei in eine Abteilung gekommen, in der es heftige rassistische Äußerungen eines Kollegen gegeben habe. Zuerst habe er noch »die Klappe gehalten«, sagt sie. »Aber nach zwei Wochen ist ihm der Kragen geplatzt.«
Dabei ist es Krimmer wichtig, dass der Leiharbeiter sich nicht über, sondern beim Kollegen selbst beschwert habe. »Er war nicht die Petze sondern hat nur gesagt: «So, jetzt reicht es.»« In der Folge habe sich dann aber der BMW-Mitarbeiter über den Leiharbeiter beschwert, und die Sache sei eskaliert.
Auch das Arbeitsgericht München geht in seiner Mitteilung davon aus, dass »zumindest von einem Kollegen« rassistische Äußerungen gefallen seien, gegen die sich der Leiharbeiter gewandt habe. BMW teilt dagegen mit, eine interne Untersuchung habe die rassistischen Äußerungen nicht bestätigen können und betont, für Vielfalt zu stehen. »Mehr als 120 Nationalitäten arbeiten bei uns allein in Deutschland zusammen. Unterschiedliche Kulturen, Sichtweisen und Herangehensweisen sind für uns ein Erfolgsfaktor. Wir tolerieren keinesfalls Diskriminierung.«
Die Leiharbeitsfirma Brunel äußerte sich auf Anfrage nicht zum Verfahren. Im Umfeld der ersten Entscheidung im März hatte das Unternehmen betont: »Nach unseren Erkenntnissen gab es weder eine rassistische noch rechtsradikale Grundstimmung in der Abteilung.«
Der zweite zentrale Punkt, in dem die Darstellungen auseinandergehen, ist die Frage, ob die Kritik des Leiharbeiters an den rassistischen Äußerungen letztlich zur Kündigung führte. In der ersten Instanz hatte die Zeitarbeitsfirma dies bestritten und betont, dass es »keinen kausalen Zusammenhang zwischen der Kündigung und den Rassismusvorwürfen« gegeben habe. »Die Kündigung ist ausschließlich anderweitig begründet«, hieß es damals von Brunel.
Das Gericht kam allerdings zum gegenteiligen Schluss: Die Kündigung sei »unmittelbar im zeitlichen Zusammenhang« mit dem zulässigen Verhalten des Leiharbeiters erfolgt. Dies sei eine unerlaubte Maßregelung.
Ob das Landesarbeitsgericht am Dienstag bereits zu einer Entscheidung kommen wird, ist offen. »Ich hoffe inständig, dass es der ersten Instanz folgt«, sagt Krimmer, die auch für den »Arbeitskreis Aktiv gegen Rechts« bei Verdi zuständig ist. Sie betont, wie wichtig dies als Zeichen wäre: »Man redet von Zivilcourage und sagt, jeder soll sie zeigen - und dazu gehört auch, rassistischen Äußerungen zu widersprechen. Und dann muss die Gesellschaft sagen: Wir schützen denjenigen, der hier Zivilcourage zeigt.« dpa/nd
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