Die Spalter

»Bild« und Business singen das gleiche asoziale Lied, meint Wolfgang Hübner

Nachdem das Bundesverfassungsgericht den krassesten Teil der Strafpraxis gegen Langzeitarbeitslose kassierte, könnte man jetzt überlegen, wie das System insgesamt sozialer wird. Aber das finden nicht alle interessant. Die »Bild«-Zeitung poliert lieber ihren Ruf als Zentralorgan der sozialen Spaltung auf und führt »Deutschlands faulsten Arbeitslosen« mit der angeblichen Jubelarie »Jetzt gibt’s Hartz IV auf dem Silbertablett!« vor. Man muss nicht weitere Details aus dem sogenannten Bericht zitieren, um das Muster zu erkennen: Diejenigen, die auf der sozialen Stufenleiter ganz weit unten stehen, werden gezielt und großformatig verächtlich gemacht - Einzelfall hin oder her. Das hat bei dem Blatt ja Tradition.

Vielleicht sollten die »Bild«-Leute mal dem Chef der Bundesagentur für Arbeit zuhören. Detlef Scheele erklärte in einem Interview, die allermeisten Jobsuchenden handelten korrekt, es gebe nichts zu kritisieren »am Verhalten von arbeitslosen Menschen in Deutschland«. Damit gegen den »Bild«-Krawall durchzudringen, ist nicht ganz einfach. Zumal dann, wenn jemand wie Thilo Brodtmann, Hauptgeschäftsführer eines großen Industrieverbands, im ZDF konstatiert: »Die Halbzeitbilanz der Großen Koalition ist für uns zu soziallastig ausgefallen.« Das ist zwar eine andere Tonart als bei »Bild«, aber die gleiche asoziale Melodie.

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