Putsch gegen Morales

Militär und Polizei zwingen Boliviens Präsidenten zum Rücktritt

  • Lesedauer: 2 Min.

La Paz. Der Präsident Boliviens ist am Sonntag zum Rücktritt gezwungen worden. Die Chefs von Armee und Polizei hatten öffentlich den Rückzug von Evo Morales verlangt. »Unser großer Wunsch ist es, dass der soziale Frieden wiederkehrt«, sagte der linke Staatschef am Sonntag in einer Fernsehansprache. Er trete zurück, um die Gewalt der Opposition zu stoppen. Die Welt solle erfahren, wie sich Oligarchen gegen die Demokratie verschworen, sagt er. Morales hatte zuvor von einem Putschversuch gegen sich gesprochen. Berichten zufolge hatten ihm mehrere Polizeieinheiten die Gefolgschaft verweigert.

Die Wut der Bolivianer über vermeintliche Unregelmäßigkeiten bei der Präsidentenwahl vor drei Wochen, bei der er sich eine vierte Amtszeit sichern wollte, wurde Morales zum Verhängnis. Er hatte am Sonntag zunächst eine Neuwahl angekündigt, nachdem die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) in einem vorläufigen Bericht Manipulationen bei der Wahl behauptet hatte. Trotzdem gingen die Proteste gegen ihn weiter. Es gab auch erneut Berichte von Gewalt - gegen Anhänger sowie Gegner des Präsidenten.

Chaotische Szenen spielten sich vor dem Präsidentenpalast in La Paz ab, wo sich der Oppositionsführer Luis Fernando Camacho den Weg durch eine große Menschenmenge bahnte, um Morales ein Rücktrittsschreiben zur Unterschrift zu überreichen. Mehrere Kabinettsminister und Bürgermeister sowie der Präsident der Abgeordnetenkammer, Víctor Borda, und die Chefin des Wahltribunals, María Choque Quispe, erklärten ihre Rücktritte. Medien berichteten, Morales sei auf dem Weg nach Argentinien.

Dann tauchte der Präsident im Fernsehen auf - neben ihm sein Vizepräsident Álvaro García Linera, der ebenfalls seinen Rücktritt erklärte. »Ich werde diesen einzigartigen Tag nie vergessen. Das Ende der Tyrannei«, schrieb der Ex-Präsident Carlos Mesa, der bei der Wahl Zweiter geworden war, auf Twitter.

Nach der ersten Runde der Präsidentenwahl am 20. Oktober hatte sich Morales direkt zum Sieger erklärt, wogegen die Opposition Zweifel anmeldete. Die OAS und die EU forderten ebenfalls Neuwahlen. Bei den Auseinandersetzungen zwischen Gegnern und Anhängern von Morales kamen mindestens drei Menschen ums Leben.

Morales regiert Bolivien seit 2006. Der frühere Koka-Bauer hatte sich zum dritten Mal zur Wiederwahl gestellt, obwohl die Verfassung höchstens eine Wiederwahl vorsieht. Morales überwand diese Hürde mit Hilfe der Justiz, die die Begrenzung der Amtszeiten als Verletzung seiner Menschenrechte bezeichnete.

Morales war der erste Präsident mit indigener Herkunft in Lateinamerika. Während seiner Präsidentschaft hat sich die Armut in Bolivien fast halbiert und das Pro-Kopf-Einkommen der Menschen verdoppelt. Agenturen/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.