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»Nordkreuz«-Gründer vor Gericht

Im Prozess spielen Planungen der rechten Gruppe für einen Umsturz keine Rolle

  • Kai Budler
  • Lesedauer: 3 Min.

Als Polizisten im August 2017 das Haus von Marko G. im Örtchen Banzkow durchsuchten, staunten sie nicht schlecht. Sie stießen auf knapp 24.000 Schuss Munition, die teilweise unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fiel, zahlreiche Waffen und Blendgranaten. Die zuständige Behörde im Landkreis Parchim im Südwesten Mecklenburg-Vorpommerns entzog ihm daraufhin sämtliche Waffenbesitzkarten - wegen unsachgemäßer Lagerung der Vorräte. G. aber erwarb und hortete weiterhin Waffen und Munition im großen Stil.

Am 12. Juni 2019 beschlagnahmten Beamte des Landeskriminalamtes (LKA) bei einer weiteren Razzia erneut Waffen, etwa 31.500 Schuss Munition und zahlreiche Sprengkörper. Ein Teil der sichergestellten Munition war ausschließlich für Polizeibehörden und Streitkräfte gedacht, eine Maschinenpistole der Marke Uzi mit Schalldämpfer war 1993 aus Beständen der Bundeswehr in Brandenburg entwendet worden. Der ehemalige SEK-Beamte und frühere Elitesoldat Marko G. kam in Untersuchungshaft.

Ab Mittwoch muss sich der 49-Jährige nun vor dem Landgericht Schwerin verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, in zwei Fällen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, das Waffen- und das Sprengstoffgesetz verstoßen zu haben. Im Fall einer Verurteilung drohen ihm bis zu fünf Jahre Haft. Der inzwischen vom Dienst suspendierte Beamte war seit 1999 im Landespolizeidienst und ab 2004 im Spezialeinsatzkommando (SEK) als Präzisionsschütze und Schießtrainer tätig.

G. hat auch die Chatgruppen »Nordkreuz« und »Nord Com« mit gegründet, die vor knapp vier Jahren beim Messengerdienst »Telegram« ins Leben gerufen worden waren. Deren Mitglieder sind für die Strafverfolgungsbehörde sogenannte Prepper (vom Englischen »to prepare«, sich vorbereiten), die sich auf einen gesellschaftlichen Krisenfall in der Bundesrepublik vorbereiteten.

Dieser »Tag X« könnte durch »Krieg, Naturkatastrophen und wirtschaftlichen Niedergang« eintreten, heißt es in der Anklageschrift. G. habe die Aufgabe gehabt, Munition und Waffen für die Gruppe zu beschaffen. Mit deren unberechtigter massenhafter Aufbewahrung habe er gegen die genannten Gesetze verstoßen.

Diesen Vorwurf erhebt die Staatsanwaltschaft auch gegen drei weitere ehemalige und aktive Beamte des SEK des LKA Mecklenburg Vorpommern, bei denen im Juni ebenfalls Hausdurchsuchungen stattgefunden haben. Sie sollen für G. widerrechtlich Munition aus den Beständen der Polizei beschafft haben.

Ausgangspunkt des Verfahrens waren Erkenntnisse aus den Ermittlungen der Generalbundesanwaltschaft wegen des »Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat«. Das LKA Mecklenburg Vorpommern hatte daraufhin eine siebenköpfige Sondereinheit gebildet, die mit der Hilfe der Polizeien anderer Bundesländer und abgeschottet von den eigenen Kollegen im LKA den Vorwürfen nachgegangen war. Das Verfahren gegen die drei Männer wurde abgetrennt, sie wurden inzwischen aus der Untersuchungshaft entlassen.

Gegen zwei weitere »Nordkreuz«-Mitglieder ermittelt ebenfalls der Generalbundesanwalt. Sie sollen sogenannte Feindeslisten angelegt und für den Fall des Zusammenbruchs der öffentlichen Ordnung die Internierung und Tötung politischer Gegner geplant haben. Bei Razzien waren bei ihnen handgeschriebene Materiallisten gefunden worden. Darauf verzeichnet waren Leichensäcke und Löschkalk, den man in Massengräber schüttet, um die Verwesung der Leichen zu beschleunigen.

Von all dem wird im Prozess gegen Marko G. ebenso wenig die Rede sein wie von seinen Aktivitäten bei Nordkreuz und den Gründen dafür, dass er Waffen und Munition hortete. Der Sprecher des Landgerichts, Detlef Baalcke, sagte dem »nd«, es werde ausschließlich um den illegalen Besitz und die unsachgemäße Lagerung von Waffen und Munition gehen. Bislang sind zehn Prozesstage bis in den Januar 2010 anberaumt.

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