Protest unerwünscht

Behörden in Braunschweig drangsalieren AfD-Gegner

  • Philip Blees
  • Lesedauer: 3 Min.

Eine Stadt bereitet sich auf ein Wochenende der besonderen Art vor: Am Samstag und Sonntag will die Alternative für Deutschland (AfD) ihren Parteitag in Braunschweig abhalten. Das ruft auch ihre Gegner*innen auf den Plan. Allein für den Samstag sind fünf Versammlungen angemeldet, im Rahmen des »Bündnisses gegen rechts« rufen mehr als 160 Verbände, Initiativen und Gewerkschaften zu den Protesten auf. Die Polizei rechnet mit insgesamt 10.000 bis 12.000 Demonstranten und will den Parteitag mit rund 1000 Beamten vor Störungen schützen.

Ab Freitag wollen Antifaschist*innen aus dem ganzen Bundesgebiet zusammen mit der lokalen Zivilgesellschaft gegen das Treffen der Rechten protestieren. Den Behörden der Stadt ist das anscheinend unangenehm: Schlafplätze für Demonstrant*innen in öffentlichen Einrichtungen wie beispielsweise Turnhallen wurden abgelehnt. Die linksradikale Demo am Vorabend wollte die Stadtverwaltung verbieten, zog diesen Vorstoß nach zivilgesellschaftlicher Solidarisierung jedoch zurück.

Aus dem internem Schriftverkehr, der »nd« vorliegt, geht hervor, dass die Verwaltung erwogen hatte, die Demo zu untersagen. Grundlage hierfür seien polizeiliche Erkenntnisse, nach denen »ausschließlich Teilnehmer aus linksextremistischen, autonomen und gewaltbereiten Gruppen« mobilisiert würden. »Es wurde ein Katastrophenszenario von der Polizei kreiert«, sagt Jonas Wagner dem »nd«. Er bereitet die Proteste mit vor und ist in der antifaschistischen Kampagne »Nationalismus ist keine Alternative« (NIKA) aktiv. Wagner vermutet, die Gegendemonstrationen sollen in »guten« und »schlechten« Protest gespalten werden.

Doch Antifaschismus sei »mehr als eine Standkundgebung«, findet Wagner. Das sei auch der Zivilgesellschaft klar. Sie solidarisiert sich mit den Linksradikalen. Die Stadt konnte ihre Argumentation nicht mehr halten und nahm vom Verbotsvorhaben Abstand. Allerdings wurden teilweise absurde Auflagen verhängt: So dürfen die keine landwirtschaftlichen Maschinen mitgebracht werden. Wagner meint, die Restriktionen hätten eine Stärkung des Zusammenhalts zwischen den verschiedenen Gruppen, die Proteste organisieren bewirkt. Die Zivilgesellschaft stehe Seite an Seite mit den Antifaschist*innen. Eine intensivere Zusammenarbeit könnte ein Ergebnis sein.

Was die Schlafplätze betrifft, hatte die Stadt argumentiert, man könne keine öffentlichen Räume zur Verfügung stellen, weil dies das Gebot der politischen Neutralität verletze.

Abschrecken lassen sich die Aktivist*innen dadurch nicht. »Die Schlafplatzbörse wird jetzt selbstorganisiert«, sagt Wagner. Lokale linke Gruppen und Gewerkschaften hätten nun Räume gemietet und stellten sie als Unterkünfte zur Verfügung. Die in Braunschweig regierende SPD hat zudem Vereine und Kirchen aufgerufen, Unterbringungsmöglichkeiten zu stellen, um die Proteste zu unterstützen. Dass die Verwaltung keine Schlafplätze bereitstellt, bedauern die Sozialdemokraten.

Die Stadt äußerte sich gegenüber »nd« nicht zu den Vorwürfen. Die Verwaltung verwies auf eine Mitteilung. Am Dienstag habe man die Vorabenddemo bestätigt, der Anmelder habe allen Auflagen zugestimmt. Hör- und Sichtweite zum Veranstaltungsraum der AfD sei gegeben. Den Aktionen steht also nicht mehr viel im Weg. Nach der Demonstration am Freitag unter dem Motto »Crash the Party« findet am Samstag die Großkundgebung des »Bündnisses gegen rechts Braunschweig« statt. Den Aufruf dafür unterschrieben neben zivilgesellschaftlichen Organisationen und Gewerkschaften auch Linkspartei, Grüne und SPD. Schon in den frühen Morgenstunden soll es Störaktionen geben. NIKA ruft zu Blockaden auf: »Das Ziel ist, den Parteitag zu verhindern«, sagt Wagner. Ein Erfolg wäre es für ihn schon, wenn dessen Ablauf gestört werden könnte.

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