Im Zeichen des Aufstiegs

Der 1. FC Union präsentierte die Zahlen zur vergangenen Saison - und ein neues Ziel

Kurz stockte Dirk Zingler bei den folgenden Worten die Stimme. »Ich stehe hier als stolzer und glücklicher Präsident des 1. FC Union«, sagte der 55-Jährige am Mittwochabend. Die Mitgliederversammlung des Berliner Bundesligisten stand ganz im Zeichen des Aufstiegs. Einerseits, und das ganz sachlich, weil die Saison 2018/2019 bilanziert wurde. Voller Emotionen andererseits, weil der Klub sich und seinen Fans damit einen jahrzehntelangen Traum erfüllt hatte.

Auf den Weg ganz nach oben wurde in der Verti Music Hall auch zurückgeblickt. So wurden stellvertretend etliche Mitarbeiter ausgezeichnet, die schon seit 15 Jahren im Verein dafür arbeiten. Dieser Zeitraum ist kein Zufall: Zingler ist seit 2004 Präsident. Seine Berufung und die vorherige Gründung des Wirtschaftsrates in der Zeit einer existenziellen Krise waren der Anfang vom Aufstieg. Als »Erlösung« beschreibt Zingler das Erreichen der Erstklassigkeit.

Dass der 1. FC Union seine Mitglieder nicht in seiner Heimat Köpenick versammelte, sondern in Friedrichshain, ist eines von vielen Zeichen seiner Entwicklung. Der Andrang war einfach zu groß - und will anscheinend nicht enden. »Wir sind auf dem Weg, der mitgliederstärkste Sportverein in Berlin zu werden«, verkündete Aufsichtsratschef Thomas Koch. Innerhalb eines Jahres sind mehr als 10 000 neue Mitglieder hinzugekommen. Insgesamt sind es jetzt knapp 35 000, und somit nur noch 2000 weniger als beim Ligakonkurrenten im Berliner Westen. Dass die Rivalität zu Hertha BSC auch im Südosten der Stadt für viele eine bedeutende Rolle spielt, wurde auch in der neuen Veranstaltungshalle an der East Side Gallery deutlich. Mit dem neuen Hit »Stadtmeister, Stadtmeister, Berlins Nummer eins« wurde dort die Mannschaft begrüßt.

Spieler, Trainer und Betreuer wurden irgendwann unter Beifall entlassen, schließlich ging es nach einem Vormittagstraining schon am Donnerstag nach Gelsenkirchen. Dort steht in der Premierensaison an diesem Freitag eine weitere Premiere an: Punktspiel bei Schalke 04. Ein Pflichtspiel zwischen beiden Vereinen gab es allerdings schon: 2001 siegten die Schalker im Finale des DFB-Pokals mit 2:0 gegen den 1. FC Union.

Zahlen sind für Zingler nur »Mittel zum Zweck«. Der Zweck des 1. FC Union Berlin: Fußball und ein best mögliches Stadionerlebnis für die Fans. »Sportlicher Erfolg schafft die beste wirtschaftliche Stabilität«, meint er. Die aktuellen Bilanzzahlen geben dem Präsidenten recht - und sind auch pflichtgemäßer Teil einer Mitgliederversammlung. So verzeichnete der Verein in der vergangenen Saison bei Gesamteinnahmen von 54,68 Millionen Euro einen Gewinn von knapp 250 000 Euro. Nach dem Aufstieg plant Union in der laufenden Saison mit Einnahmen von rund 75 Millionen Euro. Der Gewinn werde im Vergleich zur Vorsaison aber etwa nur die Hälfte betragen. Warum? »Wir müssen stetig weiter investieren«, begründet der Präsident.

Zahlen lassen Zingler aber auch sagen: »Wir sind wirtschaftlich nicht wettbewerbsfähig, um uns in der Bundesliga zu etablieren.« Genau das ist aber das nächste strategische Ziel des Vereins - vor neun Jahren war es der Bundesligaaufstieg. »Nur mit klaren Zielen sind auch klare Entscheidungen möglich«, umschreibt Aufsichtsratschef Koch die Handlungslinie.

Ganz so verrückt wie der Plan von 2010 als noch junger Zweitligist klingt der neue nicht. Das liegt an der Entwicklung der Mannschaft, die sich unter Aufstiegstrainer Urs Fischer erstaunlich schnell an die erste Liga gewöhnt hat und dort mittlerweile so selbstsicher und stabil auftritt, dass jetzt selbst Auf Schalke Zählbares möglich scheint. Als Kennziffer der Wettbewerbsfähigkeit nimmt Zingler den Jahresumsatz. Das Berliner Beispiel: Union plant mit 75 Millionen Euro, Hertha BSC wies in der Vorsaison 170 Millionen aus. Kluges Handeln kann also auch sportliche Abstände verkürzen. Dafür steht nicht nur das neue Lieblingslied der Unioner vom »Stadtmeister«, sondern auch der aktuelle Blick auf die Tabelle.

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