- Kommentare
- Wohnungssuche
Hallo, lieber Vermieterheini!
abgebügelt über die Wohnungssuche in Ost und West
Ich möchte an dieser Stelle gern mal mehr Positives schreiben. Ab nächstem Jahr, versprochen. Nun muss ich aber mal wieder umziehen, da fiel mir glatt ein guter alter Sachsen-Spruch ein: Ihr könnt mir mal die Pupe schmatzen. Ich vermute allerdings, es ist gar kein Sachsenspruch, es haben nur ein paar Sachsen gesagt. Ein kurzes Googeln lässt darauf schließen, dass es ein Berlin-Spruch ist. Aber das passt auch besser, denn Städte wie Berlin sind ja auch eher das Problem, und natürlich auch Köln, »mein« Köln.
Als meine Freunde und ich noch in Sachsen WG-Zimmer oder kleine Wohnungen suchten, war das, abgesehen vom Umzugsstress, meist kein allzu großes Problem. Man hatte Auswahl. Als ich mein letztes WG-Zimmer im Osten loswerden musste, hatte ich Probleme, eine Nachmieterin zu finden, und musste mir von ihr noch auf der Nase herumtanzen lassen: Sie wollte keine Kaution zahlen und so Scheiße. Geschichten von WG-Castings ließen mich stets ungläubig zurück. Heute verhöhnen mich die Ossi-Anzeigen, die mir reingespült werden. Drei Zimmer, Altbau, 300 Euro. Hach, Chemnitz! Wenn man in Köln sucht, wird der Anspruch von Minute zu Minute runtergeschraubt: Zwei Zimmer sind ein utopischer Traum, wenn überhaupt noch in der Stadt und nicht eigentlich schon Vorort, kann man froh sein, und, na gut, scheiß auf Fenster, und schließlich müssen’s eben doch die 500 Euro für 20 Quadratmeter sein. Wenn man so was schon mal findet! Freude auch über jede Anzeige, die kein Betrug ist, bei der kein Hansel dahintersteckt, der meine Daten will, an Frauen rankommen will oder ein Airbnb-Arschloch ist. Kurz bin ich Dummdödel sogar auf etwas reingefallen, das nur eine »Beispielanzeige« war. Statt 380 kostete die Wohnung 1200 Euro. Und dann folgte der größte Hohn: »Das passende Angebot für Sie ist nicht dabei? Unser Tipp: Inserieren Sie kostenlos ein Gesuch und lassen Sie sich einfach vom Vermieter finden.« Haha, es gibt keine Galaxie der Welt, wo das funktioniert. Na ja, vielleicht im Osten.
Dann fragten mich Freundinnen, die schon West-Wohnungserfahrungen haben, ob ich schon meine Bewerbungsmappe hätte. Hä? Man. braucht. jetzt. Bewerbungsmappen. Gut, hier meine Bewerbung: »Hallo, lieber Vermieterheini, der du wahrscheinlich ein Bot bist, ich interessiere mich für die Stelle als Mieterin, denn ich will gern wo wohnen. Die Wohnung passt zu mir, denn sie hat vier Wände und ein Dach und schützt mich so vor dem Nichtwohnen. Meine Qualifikationen lauten, dass ich gern wohne. Meine Stärken sind Perfektionismus, Teamfähigkeit und das mit dem Wohnen. Bis nie, Deine Paula.«
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.