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Kleiner Schritt in die Hölle
Post aus Rojava: Zu Besuch in einem Gefangegenlager für Islamisten.
Ich stehe in einem quadratischen Käfig. Hinter mir fällt eine schwere Stahltür in Schloss. Links, rechts und geradeaus Gitter, dahinter ein tiefer Saal. Noch bevor meine Augen Details im Meer aus grau und orange entdecken können, nehme ich etwas anderes wahr: Den bestialischen Geruch von Krankheit, Schweiß und Kotze. Dann beginnt mein Blick zu schweifen. Langsam kristallisieren sich einzelne Szenen heraus. Interaktionen zwischen den Hunderten, Körper an Körper liegenden, sitzenden, stehenden Menschen in Gefängniskleidung. Ich sehe einen offenen Fuß, ein dünner Arm schmiert etwas auf das entzündete Fleisch.
Dazu ist es also gekommen. Das große Kalifat, der Gottesstaat: Ein Haufen Kahlrasierter und Abgemagerter, eingepfercht im letzten Loch, die sich im Winter an eine verlauste Filzdecke klammern und an die Hoffnung, einmal noch an die frische Luft zu kommen.
»Wollt ihr die Hölle betreten?«, fragt mich der Wächter. Vielleicht hat er meinen Blick falsch interpretiert. Eigentlich nicht, sage ich, aber was soll’s. Ich übersetze, frage die anderen, und los geht’s. Auf einmal ist kein Gitter mehr da, und die Dutzenden Videos, wie ein vermummter Gotteskrieger jemandem den Hals durchtrennt und sonst in meinem Hinterkopf ruhen, sind auf einmal greifbar. Noch beängstigender ist das Geflüster unter den Häftlingen. Was sie wohl sagen? Unvorstellbar. Der Ort an dem ich mich befinde, ist es nicht. Er ist sehr real: An die 5000 Männer, alles mutmaßliche Mitglieder des Islamischen Staats, warten im Hochsicherheitsknast in al-Hasakah darauf, dass sich die Internationale Gemeinschaft einig wird, was mit ihnen passieren soll. Darauf wartet übrigens auch die Selbstverwaltung in Nordostsyrien und die Wächter, die hier arbeiten. Bislang vergeblich.
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