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Fünf Kilometer
Nahe der Front wird die Eskalation der Kämpfe mit der türkischen Armee erwartet
Bis vor wenigen Wochen kannte kein Mensch den Namen Tall Tamer. Jetzt ist das anders. Die nordsyrische Kleinstadt liegt nur fünf Kilometer von der Front entfernt. Die Stellungen der türkischen Armee und ihrer dschihadistischen Verbündeten kann man in etwa 30 Minuten mit dem Auto erreichen. Im Ort leben christliche Assyrer, Araber und Kurden gemeinsam - ein Teil der Bevölkerung ist geflohen. Der andere bereitet sich auf einen möglichen Großangriff der Türkei vor. Stück für Stück kommen so alle möglichen Gruppen in Tall Tamer an. Assyrisch-christliche Milizen vom Militärrat der Suryoye, Einheiten der YPG, Soldaten des Assad-Regimes, Nichtregierungsorganisationen wie der Kurdische Rote Halbmond oder die Free Burma Rangers und eine Handvoll Internationalisten. Sie alle erwarten eine Eskalation der Kämpfe, momentan ist es aber noch relativ ruhig. Man vertreibt sich die Zeit mit Rauchen und Tee trinken, Weiterbildungen, Kriegsvorbereitungen.
In einem Dorf neben Tall Tamer sind die Auswirkungen der Invasion gut zu erkennen. Die alte Schule der Ortschaft beherbergt jetzt 25 geflüchtete Familien. Die meisten von ihnen sind Bauern. Als die türkischen Bomben und Mörsergranaten fielen, entschieden sie sich zur Flucht. Eine alte Frau mit faltigem Gesicht und Kopftuch kommt vorbei. »Das ist alles, was ich noch habe«, sagt sie und deutet auf eine Plastiktüte mit Medikamenten in ihren Händen. Kinder rennen umher, ein Mann beschwert sich, es gebe zu wenig zu essen. Die Selbstverwaltung und die Nichtregierungsorganisationen geben ihr Bestes, doch ohne internationale Hilfe ist die Versorgung der Hunderttausenden Flüchtlinge schwierig. Über dem Schuleingang sind Einschusslöcher zu erkennen. »Nur noch Gott kann uns helfen«, sagt der Sprecher der Gruppe.
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