Grüne verlangen Entgegenkommen im Vermittlungsausschuss

Im Streit um das Klimapaket dringt die Partei auf inhaltliche Nachbesserung / Vielen Bundesländern geht es um fairere Verteilung von Einnahmen und Lasten

  • Lesedauer: 4 Min.

Berlin. In der Klimapolitik haben die Grünen von der Großen Koalition ein Entgegenkommen bei der Pendlerpauschale, den Strompreisen und der Sanierung von Wohnhäusern gefordert. Vor Beginn der Verhandlungen zum Klimapaket im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat am Montagabend sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter: »Wir rufen Union und SPD jetzt auf, die steuerliche Förderung der Gebäudesanierung so auszugestalten, dass sie wirklich dem Klima nützt.« Die geplante Erhöhung der Pendlerpauschale sei »unsozial und ökologisch kontraproduktiv«, stattdessen sollten die Strompreise stärker gesenkt werden, sagte Hofreiter der Deutschen Presse-Agentur.

Unterdessen warnte der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) vor radikalen Erhöhungen des CO2-Preises zulasten der Bürger. Es müsse bei moderaten Anhebungen und entsprechenden Entlastungen etwa in Form der Pendlerpauschale oder in Form von Zuschüssen zu energiesparenden Heizungen bleiben, sagte Hans der dpa mit Blick auf den Vermittlungsausschuss.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, warnte davor, im Vermittlungsausschuss das Klimapaket noch einmal komplett aufzuschnüren. Der Obmann der SPD in dem Ausschuss sagte der dpa: »Die Länder stellen finanzielle Forderungen an den Bund. Ein politisches Programm für mehr Klimaschutz, der sozial gerecht ausgestaltet ist, kann aber nur als nationale Kraftanstrengung gelingen.« Und: »Jede Erhöhung des CO2-Preises würde deshalb auch einen höheren Ausgleich erforderlich machen, damit nicht die Menschen, die es sich nicht leisten können, draufzahlen. Das müssen die Grünen in den Landesregierungen wissen.«

Der Ausschuss von Bundestag und Bundesrat beginnt am Montagabend (19.30 Uhr) mit seiner Kompromisssuche zum Klimapaket. Von vier einzelnen Klimagesetzen sind drei bereits von Bundestag und Bundesrat beschlossen worden. Bei mehreren Steuervorhaben des Pakets rief die Länderkammer den Vermittlungsausschuss an. Es geht unter anderem um eine Mehrwertsteuersenkung für Bahntickets im Fernverkehr und eine Förderung der energetischen Sanierung von Wohnhäusern - beides soll nach den Plänen der Koalition Anfang 2020 in Kraft treten.

Vielen Ländern geht es in erster Linie um eine fairere Verteilung von Einnahmen und Lasten. Von Länderseite wurden Einnahmeausfälle von bis zu 2,5 Milliarden Euro angeführt und darauf hingewiesen, dass der Bund gleichzeitig Einnahmen habe. Die Grünen dringen auch auf inhaltliche Nachbesserungen. Nach Aussagen aus den Ländern und aus der Regierungskoalition im Bund soll möglichst noch vor Weihnachten ein Kompromiss gefunden werden.

Im Laufe der Verhandlungen könnte auch die CO2-Bepreisung nochmals auf den Tisch kommen, obwohl der CO2-Preis vom Bundestag wie auch vom Bundesrat bereits beschlossen wurde. Er soll ab 2021 zunächst 10 Euro pro Tonne des klimaschädlichen Treibhausgases betragen und in den Folgejahren steigen. Doch viele halten dies für zu niedrig.

Insbesondere die Grünen wollen hier Änderungen, aber auch die neue SPD-Führung will den Einstiegspreis anheben. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer steht dem skeptisch gegenüber. Ihr Stellvertreter, Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet, zeigte sich dagegen offen für Gespräche mit der SPD über eine höhere CO2-Bepreisung. Das sei allein schon wegen der Grünen unumgänglich, da sie an vielen Landesregierungen beteiligt sind.

Auf die Frage, mit welcher Position die Große Koalition von Union und SPD nun in die Verhandlungen gehe, sagte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak am Sonntagabend in Berlin, es gelte der Beschluss der Bundesregierung. Und es wäre unverständlich, wenn die Bundesregierung nicht mit einer Stimme sprechen würde. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) sagte der »Rheinischen Post«: »Es macht in dieser Phase jetzt keinen Sinn, noch einmal grundlegend neue Positionen aufzubauen.«

Hofreiter kritisierte indessen, Union und SPD hätten sich einer grundlegenden Überarbeitung versperrt. »Gerade nach ihrem Parteitag erwarte ich von der SPD, dass sie nicht nur Forderungen ins Schaufenster stellt, sondern auch entsprechend handelt«, sagte er. »Den Beweis kann sie im Vermittlungsausschuss liefern.« Da die Grünen in zehn Ländern mitregieren, können sie im Bundesrat Beschlüsse blockieren.

Auf die Frage, ob die Union im Vermittlungsausschuss testen werde, ob Schwarz-Grün möglich sei, sagte das CDU-Präsidiumsmitglied Hans: Die Grünen müssten auch beweisen, dass sie bereit seien, Kompromisse zu finden und zu ihnen zu stehen - »und damit Lösungen für Deutschland möglich zu machen«. Er fügte hinzu: »Wenn man nur auf Maximalpositionen beharrt, dann führt das am Ende dazu, dass wir in Deutschland ein riesen Problem bekommen. Es werden Menschen abgehängt.« dpa/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.