Deckel ohne Ausnahmen

Wohnungsverband blitzt bei Senatorin erneut ab

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Um 30 Prozent sind die mittleren Angebotsmieten laut dem frisch veröffentlichten Wohnraumbedarfsbericht der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen seit 2014 in der Hauptstadt gestiegen. Demnach lagen sie in den ersten neun Monaten des Jahres 2018 bei 10,96 Euro nettokalt pro Quadratmeter, im Neubau sogar bei 14 Euro. Basis der Auswertung sind Annoncen im führenden Angebotsportal Immoscout. Die Zahlen sind durchaus ein Argument für den Mietendeckel.

Maren Kern, Vorständin des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) hält mit dem am Dienstag veröffentlichten Marktmonitor dagegen. Die Mietpreise für die etwas über 700 000 Wohnungen der BBU-Mitgliedsunternehmen lagen demnach in Berlin im Bestand bei 6,14 Euro nettokalt pro Quadratmeter, bei neuen Verträgen bei 7,80 Euro sowie bei Erstbezug bei 10,17 Euro. Laut Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes liegt die Bestandsmiete für Berlin im Durchschnitt bei 7,40 Euro.

Die Diskrepanz führt Kern nicht nur auf die gemeinwohlorientierte Ausrichtung der Mitglieder zurück, zu denen neben kommunalen Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften allerdings auch die Wohnungskonzerne Deutsche Wohnen und Vonovia gehören, sondern auch darauf, dass preiswerte Wohnungen kaum noch auf Portalen inseriert werden. Von den über 8000 neu geschlossenen Mietverträgen der Genossenschaften im Jahr 2018 wurden beispielsweise in der Stichprobe des Wohnungsmarktberichts der Investitionsbank Berlin nur 231 erfasst, bei den Landeseigenen war es immerhin ein Viertel der knapp 17 000 Neuvermietungen. »Es landen meist die Ladenhüter auf den Portalen«, sagt Kern.

Um nur 2,7 Prozent seien beim BBU die Bestandsmieten 2018 gegenüber dem Vorjahr gestiegen, während sich die Baupreise gleichzeitig um 6,3 Prozent verteuerten. Das führe zu einem »Ertrags- und Wirtschaftskraftverzehr bei den Wohnungsunternehmen«, ist Kern überzeugt. Fast schon betrübt blickt sie nach Brandenburg. Im Berliner Umland liegen die Neuvertragsmieten bei 6,74 Euro, im Rest des Landes bei 5,34 Euro. Zu wenig, wie sie findet.

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»Gemeinwohlorientierte Vermieter, wie sie in großer Zahl im BBU vertreten sind, sind und bleiben unsere wichtigsten Partner bei der Schaffung und beim Angebot von leistbarem Wohnraum«, sagt Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (LINKE). Den niedrigen Bestandsmietenanstieg führt sie allerdings auch auf die politische Entscheidung des Senats zurück, dass die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften ihre Mieten um nicht mehr als zwei Prozent pro Jahr erhöhen dürfen. Mit rund 309.000 Wohnungen stellen sie fast die Hälfte des BBU-Bestands in der Hauptstadt. »Das schlägt natürlich positiv auf die Gesamtmietenentwicklung im Verband durch«, so Lompscher weiter.

Maren Kern wiederholt am Dienstag ihre Forderung, gemeinwohlorientierte Vermieter vom geplanten Mietendeckel auszunehmen. Die Stadtentwicklungssenatorin verweist auf den »im Grundgesetz festgeschriebenen Gleichbehandlungsgrundsatz«, demzufolge dieses Anliegen »rechtlich nicht umsetzbar« sei.

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Die Einnahmeausfälle der BBU-Mitglieder durch den Mietendeckel sollen sich nach einer aktuellen Schätzung in den kommenden fünf Jahren auf 1,1 Milliarden Euro summieren. 12.000 geplante Neubauwohnungen würden nicht gebaut. 4000 gehen dabei auf das Konto der Genossenschaften, Planungen für 8000 Wohnungen seien bei Privaten abgeblasen. Eine erstaunlich hohe Zahl, von Vonovia und Deutsche Wohnen waren bisher nur Neubaupläne im dreistelligen Bereich bekannt. Kern nennt auch auf Nachfrage keine Details dazu.

»Weder die Schätzung von erwarteten Mietausfällen noch deren Hochrechnung auf künftig wegfallenden Wohnungsneubau ist für die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen nachvollziehbar«, erklärt Senatorin Lompscher dazu. »Auch als Koalition müssen wir uns mit unerwünschten negativen Effekten auseinandersetzen. Wir bräuchten detaillierte Informationen, die wir bisher noch nicht bekommen haben«, sagt auch Grünen-Wohnungspolitikerin Katrin Schmidberger.

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