Lederer will Kulturräume sichern

Landeseigenes Unternehmen soll künftig Kulturimmobilien und -räume verwalten

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 4 Min.

Bislang nahezu unbemerkt von der Berichterstattung wird an diesem Donnerstag im Abgeordnetenhaus wohl ein Paradigmenwechsel in der Kulturförderung vollzogen. Wenn der Doppelhaushalt für die Jahre 2020/2021 am Abend beschlossen wird, dürfte das Land Berlin bei der Sicherung von kulturellen Ausstellungs- und Produktionsstätten in Zukunft neue Wege beschreiten. Statt wie bisher Atelier- und Proberäume einfach herunterzusubventionieren, soll es künftig so sein, dass Berlin auch im Kulturbereich als Verwalter und Käufer von Immobilien agieren wird.

»Wir planen für das kommende Jahr eine Kulturraum GmbH für das operative Geschäft, dafür waren wir bisher noch nicht aufgestellt«, sagt Berlins Kultursenator Klaus Lederer (LINKE) zu »nd«. Dieses landeseigene Unternehmen soll künftig personell so konfiguriert werden, dass es zugleich Räume akquirieren kann, die Bedarfsermittlung steuern, Nutzungskonzepte entwickeln, aber auch perspektivisch den Neubau von kulturellen Standorten organisieren soll. Außerdem soll es die freie Kulturszene bei der Vergabe von Räumlichkeiten unterstützen. »Das Kulturraum-Büro soll uns schneller und agiler machen und auch beraten bei der Weiterentwicklung des Fördertableaus«, sagt Lederer. Über den neuen Doppelhaushalt ist die erste Phase des Aufbaus des neuen Unternehmens abgesichert, so der Kultursenator.

Neben den genannten Funktionen soll die Kulturraum GmbH auch Aufgaben stemmen, die bislang vor allem von der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) übernommen werden, die sich klassischerweise um die landeseigenen Immobilien in der Hauptstadt kümmert und diese vermietet und verwaltet. Da die BIM aber nicht auf die Besonderheiten des Betreibens von Kulturräumen spezialisiert ist, will Rot-Rot-Grün diese wichtige Aufgabe neu organisieren.

Ähnliche Neuerungen stehen unterdessen beim Atelierraumprogramm bevor. Hier haben sich die rot-rot-grünen Koalitionäre zwar in den Haushaltsendgesprächen verständigt, finanziell ordentlich draufzusatteln, aber angesichts rasant steigender Gewerbemieten stößt die klassische Subventionspolitik auch hier an ihre Grenzen. »Wir geben den Gewerbevermietern das, was sie gerne hätten, um den Nutzerinnen und Nutzern das zu ermöglichen, was diese gerne hätten, nämliche Produktionsorte«, sagt Lederer. »Kulturpolitik ist aber nicht nur Förderpolitik durch Subventionen, sondern zuallererst Infrastrukturpolitik.« Je mehr subventioniert wird, desto teurer werde das, zumal, wenn Räume knapp sind und die Mieten so rasant steigen.

Fakt ist: Berlins besondere Anziehungskraft weit über die Stadtgrenzen hinaus und der große wirtschaftliche Erfolg der vergangenen Jahre haben nicht zuletzt mit der vielfältigen und bunten Kulturszene in der Hauptstadt zu tun. Angesichts rasant steigender Mieten sinken aber auch für die kleinen Kultur- und Kunstbetriebe und freischaffenden Künstlerinnen und Künstler die Möglichkeiten, die für die Kunstproduktion nötigen Räumlichkeiten überhaupt zu bekommen. Einst massenhaft vorhandene Freiräume sind inzwischen Mangelware. Vorhandene Flächen und Orte sind heiß begehrt - von der Wirtschaft und für den Wohnungsbau. Für Ateliers, Ausstellungsräume, Clubs, Konzerthallen und andere Kulturstandorte bleibt dagegen kaum Platz.

Und in Zeiten knapper Kassen ist die Kultur häufig das erste Opfer. Auch in diesen Haushaltsgesprächen musste die Senatsverwaltung für Kultur angesichts sinkender Steuereinnahmen den Rotstift ansetzen. In den Verhandlungen mit den Haushältern der Koalitionsfraktionen von SPD, Linkspartei und Grünen ist es Klaus Lederer zwar gelungen, bereits angedrohte pauschale Minderausgaben noch einmal zu reduzieren oder für das Jahr 2020 sogar ganz abzuwenden. Aber bei der Priorisierung von politischen Schwerpunkten fällt Kultur schnell hinten runter.

Um die Kultur noch besser zu fördern, setzt Lederer aber nicht nur auf die Akquise von mehr Finanzmitteln und das Abwenden von Kürzungsvorschlägen, sondern der Senator will darüber hinaus auch mehr Räumlichkeiten der Öffentlichen Hand als Arbeitsräume für alle künstlerischen Sparten zu schaffen. »Wir wollen diese Räume an Land ziehen, für die Kultur sichern und mit Investitionsmitteln herrichten«, sagt der Linkspartei-Politiker. Danach sollen die entsprechenden Räume zu einem kostendeckenden beziehungsweise subventionierten Preis vermietet werden. Der doppelte Vorteil aus Sicht Lederers: »Die Immobilie gehört uns, wir zahlen den Profit des Vermieters nicht mehr mit, und wir sind so nicht auch noch Teil der zerstörerischen Mietpreisspirale in der Stadt.«

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.