Unter Beobachtung

Mathias Günther will Landesgeschäftsführer der Thüringer LINKEN werden. Doch die Medien diskutieren seine Stasi-Vergangenheit

  • Sebastian Haak
  • Lesedauer: 2 Min.

Mathias Günther ist seit 30 Jahren in der Thüringer LINKEN bzw. vorher in der PDS aktiv gewesen. Doch die Tatsache, dass er sich am Wochenende auf einem Parteitag zum Landesgeschäftsführer seiner Partei wählen lassen will, ist im Freistaat seit Tagen Gegenstand heftiger Debatten, die von »Bild« und anderen Medien, aber auch von CDU- und FDP-Politikern angeheizt werden. Der Grund: Günther war zu DDR-Zeiten Offizier der Grenztruppen und darüber hinaus ab 1986 »Inoffizieller Mitarbeiter« des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), kurz »IM«.

Am Mittwoch erklärte Dirk Bergner (FDP) in einer Landtagsdebatte, die Personalie sei ein Beleg dafür, dass es in der Thüringer LINKEN noch erheblichen Nachholbedarf bei der Aufarbeitung von »SED-Unrecht« gebe. Ein LINKE-Sprecher sagte darauf hin, dass Günther, der den Kreisverband Hildburghausen im Süden des Freistaats leitet, seit Jahren offen mit seiner Vergangenheit umgehe. Deshalb habe er sich bislang auch nicht für ein öffentliches Amt beworben.

Der 57-Jährige selbst ist unterdessen in die Offensive gegangen. In einer persönlichen Erklärung schreibt er, er habe von 1980 bis Anfang 1990 den Grenztruppen der DDR angehört. Dabei habe er ab 1984 nicht nur dienstlich vorgeschriebene Kontakte zum MfS gehabt, sondern 1986 auch eine IM-Verpflichtungserklärung unterschrieben. Dies habe er unter dem Eindruck der Fahnenflucht eines Soldaten getan, bei der sein stellvertretender Zugführer schwer verletzt worden sei.

»Nicht bewusst war mir zu diesem Zeitpunkt das Ausmaß der Überwachungstätigkeit des MfS, das damit verbundene tief sitzende Misstrauen gegenüber der eigenen Bevölkerung und der letztlich Menschen schadende und in der Ausübung ihrer Grundrechte einschränkende, repressive Charakter dieser staatlichen Strukturen«, so Günther. Heute wisse er, dass er sich an »klandestinen und in der Konsequenz Menschen beschädigenden Strukturen« beteiligt habe. Einen Gegenkandidaten für das Amt des Geschäftsführers gibt es bislang nicht.

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