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Genossen gegen Genossen
Berliner LINKE diskutiert kontrovers die Anti-Mietendeckel-Kampagne der Genossenschaften
Eine »ziemliche Schweinerei« nennt Kultursenator Klaus Lederer (LINKE) die Kampagne der Wohnungsbaugenossenschaften gegen den Mietendeckel. Vor zwei Monaten habe er einen Brief von seiner Genossenschaft erhalten, in der diese angekündigte, das Nutzungsentgelt aufgrund des geplanten Mietendeckels zu erhöhen. Dass ausgerechnet die Genossenschaften das Projekt des rot-rot-grünen Senats attackieren, habe Lederer »schwer irritiert«.
Welche Auswirkungen der Mietendeckel für die über 80 Wohnungsgenossenschaften in Berlin haben wird, diskutieren Lederer und Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (LINKE) jüngst mit Genossenschaftsmitgliedern und Interessierten. Die Landesvorsitzende der Berliner Linkspartei, Katina Schubert, die den Abend moderiert, betont die Bedeutung eines solchen Austauschs vor dem Hintergrund der »aggressiven Kampagnen von Teilen der Genossenschaften«.
Die 25 Mitglieder der Marketinginitiative der Wohnungsbaugenossenschaften in Berlin, die ebenfalls im Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) organisiert sind, hatten in einer großangelegten Plakataktion Stimmung gegen den Mietendeckel gemacht. Man wolle mit der Veranstaltung den Genossenschaftsmitgliedern dabei helfen, »Wissenslücken zu schließen und gegen die Vorstände zu argumentieren«, sagt Schubert.
Der Mietendeckel werde oftmals für alle Probleme verantwortlich gemacht. »Daher ist es wichtig, darüber zu sprechen, welche Argumente stimmen und welche nicht«, stellt Lederer fest. Dass der Mietendeckel das soziale Gefüge zerstöre, wie es in dem Genossenschaftsbrief hieß, weist der Kultursenator vehement zurück. Im Gegenteil sei der Mietenstopp eine Antwort auf die Bedrohung sozialer Existenzen durch rasante Mietsteigerungen. »Wir haben eine Scherenentwicklung bei Mieten und Löhnen«, sagt Lederer. Die Berlinerinnen und Berliner müssten bei einer Neuanmietung im Durchschnitt 44 Prozent ihres Einkommens für Miete ausgeben. Bei Bestandsmieten liege der Anteil bei 33 Prozent.
»Eine soziale Stadtentwicklung braucht Partner, dazu gehören in jedem Fall die Genossenschaften«, erklärt Lompscher. Warum viele der Sorgen ungerechtfertigt sind, erklärt die Stadtentwicklungssenatorin unter Verweis auf den Gesetzentwurf, auf den sich der Senat nach langwierigen Verhandlungen Ende November geeinigt hatte und der nun im Abgeordnetenhaus diskutiert wird. Anfang 2020 soll das Gesetz endgültig beschlossen werden und in Kraft treten.
Neben einem Mietenstopp für fünf Jahre sieht der Entwurf die Möglichkeit eines Inflationsausgleichs vor: Ab dem Jahr 2022 können die Mieten um 1,3 Prozent pro Jahr angehoben werden - sofern diese unter dem entsprechenden Wert der Mietentabelle liegen. »Das sollte für die große Mehrheit der Genossenschaften gelten«, sagt Lompscher.
Wenn die Miete bestehender Verträge über 120 Prozent der Mietentabelle liegt, kann sie auf Antrag der Mieter*innen auf diesen Wert abgesenkt werden. Modernisierungen können um bis zu einen Euro pro Quadratmeter auf die Miete umgelegt werden. Auf die Anmerkung einer Genossin hin, dass die Bodenpreise und Baukosten enorm gestiegen seien, verweist Lompscher darauf, dass das Gesetz Neubauwohnungen nicht betreffe. »Bei diesen Ausnahmen und einer Kappung bei über 120 Prozent wird keine Genossenschaft die Miete absenken müssen«, sagt Lompscher. Auch der Kritik der Genossenschaften, dass durch den Mietendeckel insbesondere soziale Vermieter zu leiden hätten, widerspricht die Wohnen-Senatorin. Wenn eine Wohnung wiedervermietet werde, dürften besonders niedrige Mieten von unter fünf Euro pro Quadratmeter um maximal einen Euro auf bis zu fünf Euro pro Quadratmeter angehoben werden.
»Es sind Themen, die nichts mit dem Mietendeckel zu tun haben, die bei den Genossenschaften für Frustration sorgen«, sagt Lompscher. Diese würden in der Tat unter hohen Bodenpreisen und zu wenig verfügbaren Grundstücken leiden. Um den Neubau zu erleichtern, habe der Senat deshalb im September beschlossen, die Erbbauzinsen zu halbieren. Der Beschluss sieht vor, dass das Land Berlin bei der Vergabe landeseigener Grundstücke für Wohnen in den nächsten fünf Jahren die Erbbauzinssätze von 4,5 auf 2,25 Prozent absenken wird.
Mehrere der anwesenden Genossenschaftsmitglieder begrüßen den Mietendeckel, beklagen jedoch, dass bisherige Mietkonzepte in die Brüche gehen könnten, da die Planungen nun nicht mehr aufgingen. Lederer verweist auf die übergeordnete Bedeutung des Mietendeckels. Dieser könne aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes Genossenschaften nicht ausnehmen. Daher nehme er in Kauf, dass einzelne Akteure ihre Planungen umstellen müssten, um dafür die Mietentwicklung in den Griff zu bekommen. »Bei dem Mietendeckel geht es nicht gegen die Genossenschaften, sondern um einen gesellschaftlichen Missstand, den wir abschaffen wollen«, sagt Lederer.
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