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Mietentreiber schließen sich zusammen
ADO Properties übernimmt weiteren Wohnkonzern sowie Projektentwickler
Es ist der größte Deal des Jahres auf dem deutschen Immobilienmarkt: ADO Properties SA will Adler Real Estate AG übernehmen. »Diversifizierung außerhalb Berlins«, das ist für den Wohnungskonzern einer der wichtigsten Beweggründe für die geplante Übernahme des in Norddeutschland engagierten Unternehmens Adler Real Estate. So steht es zumindest in der Präsentation zu dem am Sonntag öffentlich gemachten Vorhaben. ADO gehören derzeit 16 263 ausschließlich in der Hauptstadt gelegene Wohnungen, die zu Maximalrenditen verwertet werden.
Angesichts von Neuvermietungspreisen von bis zu 25,17 Euro pro Quadratmeter nettokalt, die der ADO-Geschäftsbericht 2018 für Friedrichshain-Kreuzberg vermeldete, stellt der geplante Berliner Mietendeckel, der im Frühjahr vom Abgeordnetenhaus verabschiedet werden soll, eine ernsthafte Bedrohung des Geschäftsmodells dar. Um fast ein Drittel schmierte der Aktienkurs in der Folge des im Juni beschlossenen Eckpunktepapiers des Senats zum Gesetzesvorhaben ab. Von über 49 Euro kurz zuvor auf unter 35 Euro bis zum vergangenen Wochenende.
»Man könnte durchaus vermuten, dass die Diversifizierung mit dem geplanten Mietendeckel zusammenhängt«, sagt Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, zu »nd«. Die Hoffnung, dass sich an der Geschäftspolitik des Unternehmens viel ändert, hegt er nicht. »Wir haben durchaus recht viel Ärger mit ADO Properties«, erklärt er. »Die lassen bei mietrechtlichen Auseinandersetzungen kaum mit sich reden«, so der Mietervertreter.
Für die Aktie ging es am Montag weiter nach unten - um fast fünf Euro bis zum frühen Nachmittag. Das ist eine finanzmarkttechnische Reaktion. Denn die 0,4164 ADO-Aktien, die die Anleger für je ein Adler-Papier erhalten, werden durch eine Kapitalerhöhung geschaffen. Institutionelle Anleger, die über die Hälfte der Anteile halten, haben bereits ihre Zustimmung erteilt.
Die geplante Transaktion ist überraschend, denn ursprünglich wollte Adler Real Estate seinerseits ADO Properties übernehmen und hatte im letzten Quartalsbericht einen erwarteten Abschluss für diesen Dezember angekündigt.
Adler bringt neben dem Namen etwas über 57 000 Wohnungen in das fusionierte Unternehmen ein, die allerdings oft in Regionen mit wirtschaftlichen Problemen liegen, wie im Ruhrgebiet mit Schwerpunkt Duisburg (knapp 5000 Wohnungen) oder im niedersächsischen Wilhelmshaven (fast 7000 Wohnungen). Neben 1700 Wohneinheiten in Berlin gehören Adler in der Region über 1800 Wohnungen in Cottbus. Für ein Bauprojekt mit bis zu 2000 Wohnungen in der Nähe des künftigen Flughafens BER hat das Unternehmen Grundstücke erworben.
ADO hat am Sonntag noch einen weiteren Deal bekannt gegeben: Der Konzern will den nach eigenen Angaben führenden deutschen Wohnimmobilienentwickler Consus Real Estate AG übernehmen. 22 Prozent der Anteile wurden für 294 Millionen Euro übernommen, für weitere 51 Prozent hat ADO Kaufoptionen, die Komplettübernahme würde 1,2 Milliarden Euro kosten.
Dem Konzern gehörten damit auch drei Viertel der vom Bauunternehmer Christoph Gröner gegründeten CG-Gruppe. Seine Projekte sind in Berlin hochumstritten. Seien es der Umbau des Steglitzer Kreisels in ein Luxus-Wohnhochhaus oder Vorhaben wie das inzwischen, trotz jahrelangen Anwohnerprotests und versuchter Blockade des Bezirks, fast fertiggestellte Carré Sama-Riga in der Friedrichshainer Rigaer Straße. Im Streit mit Baustadtrat und Bezirksverordnetenversammlung von Friedrichshain-Kreuzberg hat Gröner sein geplantes Projekt am ehemaligen Postscheckamt jedoch irgendwann entnervt verkauft. Mit Sätzen wie »Es gibt kein Recht auf Wohnen in Kreuzberg« hat sich der Unternehmer wenig Freunde bei Mieterbewegten gemacht.
Mit der Übernahme des Projektentwicklungskonzerns durch ADO soll offenbar der Wohnungsnachschub gesichert werden, denn laut Ankündigung sollen fertiggestellte Einheiten nicht mehr wie bisher verkauft werden. Mit der geplanten Fusion werde die neue Adler Real Estate ein »verlässlicher Partner für die Politik«, um zu helfen, das Wohnungsdefizit in Deutschland anzugehen, verspricht der Konzern.
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