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Aussterbende Rebellion
23 ehemalige Rebellen erklären ihren Ausstieg bei Extinction Rebellion
Die Klimabewegung Extinction Rebellion ist in diesem Jahr groß geworden. In allen Ballungsräumen Deutschlands wurden inzwischen Gruppen der »Rebellion gegen das Aussterben« gegründet. In Großbritannien gibt es die Bewegung hingegen schon länger. Zum Teil haben sie dort spektakuläre Aktionen gemacht - wie beispielsweise eine Brückenblockade in London. Doch auch die Kritik an der Bewegung wuchs. Auslöser waren Aussagen von Roger Hallam, einem der britischen Gründer der Bewegung. Zuletzt hatte er in einem Interview den Holocaust relativiert.
Hallams Aussagen, sein unklares Verhältnis zu rechten und esoterischen Umweltschützern sowie intransparente Strukturen von Extinction Rebellion brachten jetzt 23 Mitglieder von Extinction Rebellion dazu, die Bewegung zu verlassen. Um klar zu machen, warum sie nicht mehr Teil dieser Rebellion sein wollen, veröffentlichten sie ein gemeinsames Austrittsschreiben.
Es sei kein Abgang im Streit, wie die ex-Rebellen betonen, sie hätten »viele fantastische Menschen« kennengelernt. Bei Extinction Rebellion gäbe es aber »überzeichnete Endzeitszenarien«, die einen Zeitdruck aufbauten, der zu einer »Der Zweck heiligt die Mittel«-Strategie führe, die die Aktivisten nicht mehr mit ihrem »Wertesystem« vereinbaren könnten. Laut Erklärung habe Extinction Rebellion außerdem eine »wissenschaftlich unsaubere« Basis und setze sich nicht genug mit Antisemitismus und Rassismus auseinander. Es sei nicht klar, »wo die Grenze zwischen persönlicher Spiritualität und Esoterik verläuft«. Allgemein nehme Spiritualität eine große Rolle ein, während Kapitalismuskritik in Teilen von Extinction Rebellion verpönt sei.
Einer der Ausgetreten nennt sich Fixie. Er kommt aus Frankfurt am Main. Für ihn sei die »ausbleibenden politischen Folgen« der Klimastreiks eine »Initalzündung« gewesen seien, sich bei »Extinction Rebellion« zu engagieren, sagt er gegenüber »nd«. Er sei nach erfolgreichen Aktionen euphorisiert gewesen, habe Kritik als »Quatsch« abgetan - auch weil sie in einer »unsäglich polemischen, unkonstruktiven Art« vorgebracht worden sei. Es habe sich aber herausgestellt, dass einige Kritikpunkte berechtigt seien, etwa die am Konzept der »Tiefenökologie«. Diese Theorie sieht unter anderem eine Bevölkerungsreduktion als sinnvolles Instrument gegen den Klimawandel an. Fixie und andere hätten daraufhin vor allem »interne politische Arbeit« geleistet und kaum noch Zeit gefunden, die Klimakrise zu bekämpfen. Aus der Sicht Fixies liegen die Wurzeln von »90 Prozent der Probleme« bei der britischen Mutterorganisation von Extinction Rebellion.
Die Reaktionen auf die Austritte seien gemischt ausgefallen, so der Aktivist weiter - von Verständnis bis zu »Anfeindungen und Vorwürfen«. Fixie will trotz seines Ausstiegs bei Extinction Rebellion weiter aktiv in der Klimabewegung sein und »alles dafür tun, um Druck auf die Politik zu erzeugen«, damit wirksame Maßnahmen gegen die Klimakrise unternommen werden.
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