- Kommentare
- Gasstreit
Wunder der Diplomatie
Uwe Kalbe über Wirren im Gerangel um Gasmärkte
Zwei Meldungen vom interkontinentalen Gasstreit am Freitag: Russland und die Ukraine einigten sich unter Vermittlung der EU und Deutschlands auf die Fortschreibung ihres Abkommens zur Durchleitung russischen Erdgases nach Westeuropa. Beide Seiten setzen ihre Verhandlungen nun fort.
Und: Aus angeblicher Sorge um Deutschland entschließt sich der Präsident der USA, Deutschland und europäische Unternehmen zu strafen, die an der Gasleitung North Stream 2 durch die Ostsee beteiligt sind. Das ist so haarsträubend unverfroren, wie es Ausdruck bröckelnder Gemeinsamkeiten ist. Ist es zugleich Ausdruck neuer Gemeinsamkeiten mit Russland?
Donald Trump bringt dieser Gedanke zur Weißglut - weil das Gasgeschäft mit Russland zugleich eines ist, das US-Unternehmen durch die Lappen geht. Eines stimmt freilich: Dass der Einfluss Präsident Putins auf europäische Befindlichkeiten wächst, ist ein natürliches Ergebnis solcher Geschäfte. Dies gilt im Übrigen auch umgekehrt.
Gemeinsame Geschäfte bedingen gegenseitige Abhängigkeiten, dies ist unausweichlich. Und es ist ein Teil ihrer nützlichen Effekte. Dem russischen Präsidenten deshalb einen Vorwurf zu machen, stellt offen die Logik internationaler Wirtschaftsbeziehungen auf den Kopf. Dass diese Logik wahre Wunder bewirken kann, zeigt der Kompromiss, den Russland und Ukraine - unter Vermittlung Deutschlands - nun über die Durchleitung von Gas auf dem traditionellen Landweg geschlossen haben.
Es ist quasi ein Preis, den Putin zahlt für den Einfluss, den Russland in Europa dazugewinnt. Ein diplomatischer Deal, wie Trump sagen würde. Und der Beweis, dass North Stream 2 kein verlängerter Lauf einer Kalaschnikow ist, der sich da im Greifswalder Bodden an Land schiebt.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.